Post by H.-P. SchulzPost by Ralf BaderPost by H.-P. SchulzEine Gerade kann definiert werden
- bezüglich zweier Punkte: Der geom. Ort aller Punkte, die von zwei
geg. Punkten denselben Abstand haben
Da muß man aber bereits wissen, was der Abstand zweier Punkte sein soll.
Wenn man nur eine Menge von Punkten, eine Menge von Geraden und eine
Menge von Ebenen hat sowie deren Inzidenzrelationen (Punkt P liegt auf
der Geraden g usw.) ist das nicht der Fall (bzw. weiß man über Abstände
dann nur, ob sie gleich oder ungleich 0 sind)
Ja, klar.
"Abstand" - und dann auch noch "denselben"!
Wobei das wohl bei Euklid nicht problematisiert wird, oder?
Post by Ralf BaderPost by H.-P. Schulz- bezüglich einer Ebene: Eine unendliche Punktmenge, zu der es eine
(unendliche) Menge paralleler Ebenen gibt, auf die die Projektion
dieser Punktmenge punktförmig ist.
Es mag noch x weitere Definition der Geraden geben, - egal.
Wie steht es aber mit der "Halbgeraden", also dem Ding, das ich in der
Schule noch als "Strahl" lernte?
Oder ist das ein rein "technisches" Ding, nichts im engeren Sinne
Geometrisches?
Könnte man sagen, die Punktmenge, die eine Halbgerade ausmacht, sei
halb so mächtig wie die, die eine Gerade ausmacht? Ich finde, damit
da könnte ja auch jeder zweite Punkt "fehlen"! ;-))
Nee mal ernsthaft: Gibt 's da was von ra... dings?
Selbstverständlich gibt es da was. Dazu wird, was Euklid nicht getan
hat, aber in späteren Aufarbeitungen der euklidischen Geometrie (Pasch,
Vorlesungen über die neuere Geometrie; Hilbert, Grundlagen der
Geometrie) für die Punkte einer Geraden die Relation "zwischen"
eingeführt, bei Hilbert axiomatisch. Eine Halbgerade h(O,A) ist dann
gegeben durch 2 Punkte A und O auf einer Geraden g (die natürlich durch
die beiden Punkte A und O eindeutig bestimmt ist); und diese Halbgerade
umfaßt alle Punkte Z auf g, so daß O nicht zwischen A und Z liegt (es
ist also O der Anfangspunkt der Halbgeraden, und A irgendein Punkt in
deren Innerem). Eine Halbgerade ist dann auch die Menge aller Punkte auf
der Geraden g, deren Abstand von A kleiner ist als der von O.
Schön. Aber das setzt erstmal eine Gerade, also: eine "Vollgerade",
voraus! Die Halbgerade wird als Teil einer Geraden verstanden und
definiert.
Mir wäre eine Definition, die dieser primordialen Geraden nicht
bedarf, lieber; sagen wir: sie wäre eleganter.
Natürlich ist bei einer beliebigen Geraden nicht entscheidbar, ob es
sich nicht doch um eine Halbgerade handelt, deren Beginn halt "außer
Sicht" ist. Deshalb kann im Fall "Halbgerade" nur der Beginnteil
derselben von definitorischer Relevanz sein. Somit muss der
Beginnpunkt wohl in der Definition vorkommen, eben weil er ein
ausgezeichneter Punkt ist. Die Gerade hat keinen solchen
ausgezeichneten Punkt.
"Eine von einem Punkt P ausgehende Halberade ist der geometrische Ort
aller Punkte, für die gilt: .... " Das wäre imho die nötige Form.
Wo die Pünktchen stehen, muß irgendeine Bedingung kommen. Die muß sich
aber auf irgendetwas beziehen, was -siehe unten- also "vor-existent"
wäre. Was da infrage kommt, ist unbestimmt, insbesondere mit
Ausschlußkriterien der Art "ist mir irgendwie nicht eigenständig genug".
Post by H.-P. SchulzUnd da fällt mir bisher nichts Gscheits ein.
Vielleicht ja, dass man mit dem Konzept "Radius" was machen könnte,
Kugelradius ... weil, ein Radius hat ja einen "Beginn", nämlich den
Mittelpunkt (der Kugel).
Aber so richt zurande bin ich damit noch nicht.
Wie gesagt: Mit primordialer (also vor-existenter) Geraden ist mir das
irgendwie nicht eigenständig genug. Ich möchte einen Strahl
(Halbgerade) sui generis definieren.
Nimm das von Detlef genannte Skript
http://www.math.uni-rostock.de/~nesselmann/AxiomGeometrie/AxiomGeom-2010.pdf
und bearbeite folgende Übungsaufgabe:
Ersetze in Definition 1.1.1 "Geraden" durch "Strahlen"; diese sollen
also Punktmengen sein. Füge hinzu, daß es zu jedem Strahl s einen
ausgezeichneten "Anfangspunkt" P_s gibt; die anderen Punkte von S werden
als innere Punkte bezeichnet. Es muß evtl. verlangt werden, daß es
innere Punkte gibt. Und es müssen Axiome für Strahlen aufgestellt
werden. Etwa: "Sind P, Q zwei verschiedene Punkte, so gibt es genau
einen Strahl s=s(P,Q) mit Anfangspunkt P, und in dem Q ein innerer Punkt
ist." Eine Gerade kann dann definiert werden als eine Punktmenge der
Form s(P,Q) u s(Q,P); weitere Axiome über Strahlen müssen so gefaßt
werden, daß die in dem Skript aufgeführten Axiome über Geraden als Sätze
bewiesen werden können.
Strecken können in der Strahlenaxiomatik als Punktmengen der Form s(P,Q)
n s(Q,P) definiert werden, und ein Punkt liegt zwischen P und Q, wenn er
in dieser Strecke liegt und !=P,Q ist. Damit müssen sich aus den (im
Detail noch aufzustellenden) Strahlenaxiomen die Anordnungsaxiome des
Skripts beweisen lassen, und umgekehrt sollten sich aus den Axiomen des
Skripts und der Definition von Halbgeraden mittels der
"zwischen"-Relation die Strahlenaxiome als Sätze beweisen lassen. Damit
hätte man zwei äquivalente Axiomensysteme, das eine in der Sprache von
Punkten, Geraden und "zwischen" formuliert, das andere in der Sprache
von Punkten, Strahlen=Halbgeraden und Anfangspunkten (notabene: Die
"Sprache" ist Bestandteil einer Axiomatik, und wovon man nicht sprechen
kann, darüber muß man schweigen). Die obige Pünktchenbedingung für
Halbgeraden entfällt.