Post by Rainer Rosenthal(...)
gemacht. Es ist interessant, sich die Kräfte vorzustellen, die daraus
resultieren, dass an einer bestimmten Stelle ein Zug oder Druck ausgeübt
wird. Darüber gibt dann sicher solch ein "Polplan" Auskunft. Schönes
Thema, wirklich.
Und das ist eines der vielen zeichnerischen Verfahren, mit deren Hilfe
Tragwerksplaner/Statiker aus der Generation unserer Großväter und noch
früher Beanspruchungen für Tragwerke ermittelt haben, die heute noch
stehen (Brücken, Kuppeln,...) . Berühmte Verfasser von
Lehrbuchklassikern auf diesem Gebiet sind u. a. Müller-Breslau und
Martin Grüning. Irgendwie finde ich es traurig, daß heutzutage diese
Verfahren bei Berücksichtigung der aktuellen Möglichkeiten am Rechner
CAD zu betreiben, weitgehend in Vergessenheit geraten sind und für
Standsicheheitsnachweise immer gleich die numerische FEM-Keule
hervorgeholt wird.
Bemerkenswert zum Polplan ist, daß mitunter beim Zeichnen ein gewisser
Schnittpunkt aus den Lagebeziehungen für Haupt- und Nepenpole nicht
erzeugbar ist. Das ist eine Situation so ähnlich wie der gefährliche
Kreis in der Vermessungskunde (Vorwärtseinschnitt auf drei Punkte). Ein
sog. Korrekturverfahren hilft dem Polplan dann weiter und das ist der
Hit: Der Satz von Desargue steckt dahinter. Das steht natürlich nicht in
den Statiklehrbüchern und ich hatte auch eine Weile dazu gerätselt.
Post by Rainer RosenthalIch hatte mal im Fernsehen, ich glaube bei "TerraX" einen
hochinteressanten Beitrag über die Bauweise chinesischer Tempel gesehen,
die trotz immer wieder auftretender schwerer Erdbeben 500 Jahre und mehr
überstanden haben. Soweit ich mich erinnere, waren zwei wesentliche
1. das gigantisch schwere Dach
2. die frei gelagerten Dachstützen
Bei einem Erdbeben "tanzt" dies tonnenschwere Gebilde, und Nachbauten im
Modell konnten Erschütterungen aushalten, die jedes echte Erdbeben um
Größenordnungen übertreffen. Spannend!
Ja, das ist die Anwendung sog. Tilger, hier in Altkonstruktionen
sicherlich aus Erfahrungsgründen strukturiert. Baukonstruktionen, die
planmäßige Tilgerkonstruktionen enthalten, lassen die Erregerenergie
sich dort in der Konstruktion austoben, wo möglichst wenig Schaden
entstehen kann. Mitunter wird das heute auch bei Maschinenaufstellung
mit exentrisch rotierenden Wellen ausgeführt. Z. B. manche
Generatoren/Turbinen in Kraftwerken hätten in der An-/Auslaufphase
Probleme, Durchlaufresonanzen zu verkraften.
Wie Du siehst, hast Du mit Deiner Aufgabe die Tür zu einer sehr
interessanten Welt in Theorie und Praxis aufgestoßen. Und Erinnerungen
werden wach, dafür Dank.
Herzliche Grüße, Alfred