Post by fieshPost by fieshPost by Peter NiessenPost by Oliver JennrichSag bloß. Und wie führt man das auf eine Addition zurück? Wenn die
Multiplikation nämlich als Abkürzung einer mehrfachen Addition erklärt
ist, dann muß das gehen.
Und weil es eben nicht geht, taugt das Konzept "Multiplikation ist
mehrfach angewendete Addition" jenseits der natürlichen Zahlen nicht
mehr so recht.
Geht aber doch :-)
Soll ich das vormachen?
Ja, bitte.
Fuer R gilt aus Stetigkeitsgruenden, dass es nur eine Multiplikation zur
gegebenen Addition geben kann, die kanonische eben, und dort stimmt die
"xy = man zaehlt x y-mal zusammen" Interpretation einigermassen.
Sollten wir uns darum Sorgen machen? ;-)
Post by fieshFuer einen Schiefkoerper (es gibt auch archimedisch angeordnete, also
keines Wegs so weit von R entfernt) faellt diese Interpretation aber
meiner Meinung nach flach.
Auch das kann uns völlig kalt lassen. Der liebe Gott der Mathematik hat es
so gerichtet das wir automatisch zum Ziel kommen.
Post by fieshUnd, wie in einem andern Posting geschrieben, gibt es auch additive
Funktionen von R nach R, die nicht homogen sind, d.h. man kann in
keinster Weise so einfach von "vertraegt sich mit Addition" auf
"vertraegt sich mit Multiplikation" schliessen!
Das lässt uns auch kalt :-)
Soviel Ironie konnte ich mir nicht verkneifen. Aber nun ernsthafter:
Dein Gedankengang ist viel zu kompliziert. Vermutlich hast du die
Definition von R in der Analysis kennen gelernt. Und das geht dann zum
Bleistift so:
R ist Körper! =>
Dozent schreibt Axiome an die Tafel
R ist geordneter Körper! =>
Dozent schreibt Axiome an die Tafel
R ist archimedisch =>
Dozent schreibt Axiome an die Tafel
Dozent fragt (bestenfalls):
Meine Herren/Damen alles klar?
Je nach Tagesform kommt nun noch:
Epsilon/Delta-Gedöns, Wurzelexistenz, R ist Vektorraum und ein paar kluge
Worte zur Topologie die man in diesem Moment eh noch nicht versteht.
Ist damit geklärt was Zahlen sind? Jein :-) Aber für den Zweck reicht es.
Wir machen das nun anders:
Was haben wir denn so in der Hand?
2000 Jahre Erfahrung und damit eine vage Vorstellung wie Zahlen ticken
sollten. Stichworte:
Zählen, nat. Zahlen, Zahlenstrahl usw.
Damit wir nicht ganz in der Steinzeit beginnen müssen setzen wir einfache
Dinge wie Peanoaxiome und elementare Mengenlehre mal voraus:
Natürliche Zahlen erklären wir mit der Nachfolger-Relation (Peano) n=>S(n)
Das ganze übersetzt in ML: n => {n u {n}}
Also +1 wir wollen ja "rechnen": n+1=S(n)
n+a zb. n+3 ist ganz einfach ein "verketten" von S(n) n+3=S(S(Sn))) wir
"zählen" also wie kleine Kinder mit den Fingern weiter und notieren das
lediglich symbolisch. Analog definieren wir so auch n*n und n^n. Inverse
Operationen ignorieren wir und wir brauchen sie auch nicht. Es geht
eleganter:
Wir konstruieren inverse Elemente. Zuerst die ganzen Zahlen Z:
NxN dank ML liefert uns geordnete Paare (a;b) die das Gewünschte leisten.
Unnötige (doppelte) Paare entsorgen wir einfach in Äquivalenzklassen und
erhalten: (0,a) ist negativ (invers); (b,0) ist positiv wie gehabt.
Die Addition ist (a,b)+(c,d)=(a+c ; b+d) Und damit ganz simpel mit n=>S(n)
zu erklären. Das Produkt ist Übungsaufgabe für dich :-)
Nächste Klasse sind die rationalen Zahlen Q.
Wieder dank ML: ZxZ=Q
Überflüssiges wieder in Äquivalenzklassen entsorgen :-)
Wir schreiben die Paare direkt in gewohnter Bruchschreibweise a/b
Addition: (a/b)+(c/d)=((ad + cb))/(bd)
und damit wieder locker durch n=>S(n) zu erklären. Produkt ist wieder
Übungsaufgabe.
Damit haben wir "fast" gewonnen. Wir stellen zuerst mal fest:
Die Körperaxiome sind erfüllt, und das ohne murmeln geheimer Formeln. Nicht
wirklich erklärt haben wir die Ordnungsrelationen (<,>,=) Aber auch hier
lässt uns der liebe Gott und die ML nicht im Stich ;-):
Die Relation "ist Teilmenge von" liefert das gewünschte. Das zeige ich
jetzt nicht da simple Übungsaufgabe. Was nun noch fehlt ist die Stetigkeit
(archimedische Axiome) Was tun? Den ganzen Krempel der Analysis:
Grenzwerte, epsilon/delta, Cauchy-Folgen etc. kennen wir ja nicht.
Zumindest tuen wir so dumm. Auch hier lässt uns der liebe Gott der
Mathematik nicht im Stich: Dedekind-Schnitte leisten das gewünschte und
sind unserem "low-Level" Niveau gut angepasst. Mehr wie die nun bekannten
Rechenregeln und ein wenig Gerhinschmalz brauchen wir nicht. Also:
r e R => r :={x e Q|{x<r}{x>=r}}
Problem: Wir müssen die Rechengesetze neu erklären. Das ist aber nicht
wirklich schwer und netterweise mit den Regeln für Q zu klären also
letztendlich wieder auf n=>S(n) zurückführbar und genau das habe ich ja zu
Anfang behauptet. Da die Herleitung nun schribseltechnisch recht aufwändig
ist. Sprich lästigste Schreibarbeit kannst du den "Krempel" auf meiner HP
nachlesen. Hauptsache du weist mich auf bestimmt vorhande Tippselfehler und
so hin :-) Also lese hier weiter:
http://home.arcor.de/peter-niessen/content/Schnitte.pdf
http://home.arcor.de/peter-niessen/content/Zahlen.pdf
Wie man sieht: Mathematik kann richtig simpel sein. So simpel das
Klippschüler wie EB, AS, Mücke und sonstwer das eigentlich auch schnallen
könnten :-)
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Mit freundlichen Grüssen
Peter Nießen