Discussion:
Gradientenfeld...sternförmig...einfach zusammenhängend
(zu alt für eine Antwort)
Dominic Maier
2004-07-10 14:35:34 UTC
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Hallo,

wir hatten in Ana II ein Lemma (von Poincare), das folgendes besagt:

Sei M aus IR^n offen und sternförmig und F einmal stetig diffbar.
F: M--->IR^n

Dann sind äquivalent:

1) pdi Fj = pdj Fi (1 <= i,j <= n) (wobei pdi die partielle Ableitung
nach der i-ten Komponente bezeichnen soll)

und

2) F ist ein Gradientenfeld.


2) ==> 1) folgt ja sofort.

1) == 2)

geht im Prinzip darauf zurück, dass man einen geschlossenen Weg nimmt,
eine Homotopie, die diesen in einen Punkt überführt und dann den Satz
(den ich jetzt als bewiesen voraussetze) anwendet, der besagt, dass aus
1) Homotopieinvarianz folgt.
Diese verwendet man dann und zeigt, in dem man dann mit einer Homotopie
einen geschlossenen Weg zu einem Punkt zusammenzieht, dass dann das
Kurvenint. für jeden geschlossenen Weg verschwindet, also ist F
Gradientenfeld.


Meine Frage ist nun, ob man dieses sternförmig nicht auch durch
(einfach) zusammenhängend ersetzen kann, denn man braucht ja nur die
Bedingung, dass man einen geschlossenen Weg zu einem Punkt
zusammenziehen kann.

Sternförmig ist eine stärkere (hier zu starke) Bedingung, als einfach
zusammenhängend, oder sehe ich das falsch?


Danke!
Gruß
Dominic
Thomas Nordhaus
2004-07-10 15:00:55 UTC
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Post by Dominic Maier
Hallo,
Sei M aus IR^n offen und sternförmig und F einmal stetig diffbar.
F: M--->IR^n
1) pdi Fj = pdj Fi (1 <= i,j <= n) (wobei pdi die partielle Ableitung
nach der i-ten Komponente bezeichnen soll)
und
2) F ist ein Gradientenfeld.
2) ==> 1) folgt ja sofort.
1) == 2)
geht im Prinzip darauf zurück, dass man einen geschlossenen Weg nimmt,
eine Homotopie, die diesen in einen Punkt überführt und dann den Satz
(den ich jetzt als bewiesen voraussetze) anwendet, der besagt, dass aus
1) Homotopieinvarianz folgt.
Diese verwendet man dann und zeigt, in dem man dann mit einer Homotopie
einen geschlossenen Weg zu einem Punkt zusammenzieht, dass dann das
Kurvenint. für jeden geschlossenen Weg verschwindet, also ist F
Gradientenfeld.
Meine Frage ist nun, ob man dieses sternförmig nicht auch durch
(einfach) zusammenhängend ersetzen kann, denn man braucht ja nur die
Bedingung, dass man einen geschlossenen Weg zu einem Punkt
zusammenziehen kann.
Sternförmig ist eine stärkere (hier zu starke) Bedingung, als einfach
zusammenhängend, oder sehe ich das falsch?
Sternförmig ist zu stark. Es reicht zusammenziehbar. Einfach
zusammenhängend ist nicht stark genug, denn es gibt einfach
zusammenhängende Räume, die nicht zusammenziehbar sind. Beispiel die
2-Sphäre.

Thomas
Stefan Behrens
2004-07-10 20:54:37 UTC
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On Sat, 10 Jul 2004 17:00:55 +0200, Thomas Nordhaus
Post by Thomas Nordhaus
Sternförmig ist zu stark. Es reicht zusammenziehbar. Einfach
zusammenhängend ist nicht stark genug, denn es gibt einfach
zusammenhängende Räume, die nicht zusammenziehbar sind. Beispiel die
2-Sphäre.
Thomas
falsch, einfach zusammenhängend reicht. Beweis siehe hier:

http://www.stud.uni-hannover.de/~steini/analysis2.pdf

Satz 15.23, S.30 (26 nach Nummerierung).
Horst Kraemer
2004-07-10 21:41:20 UTC
Permalink
Post by Stefan Behrens
On Sat, 10 Jul 2004 17:00:55 +0200, Thomas Nordhaus
Post by Thomas Nordhaus
Sternförmig ist zu stark. Es reicht zusammenziehbar. Einfach
zusammenhängend ist nicht stark genug, denn es gibt einfach
zusammenhängende Räume, die nicht zusammenziehbar sind. Beispiel die
2-Sphäre.
Thomas
http://www.stud.uni-hannover.de/~steini/analysis2.pdf
Satz 15.23, S.30 (26 nach Nummerierung).
einfach zusammenhängend reicht.

ohne das besserwisserische <falsch> reicht

--
Horst
Stefan Behrens
2004-07-11 08:29:26 UTC
Permalink
On Sat, 10 Jul 2004 23:41:20 +0200, Horst Kraemer
Post by Stefan Behrens
Post by Stefan Behrens
On Sat, 10 Jul 2004 17:00:55 +0200, Thomas Nordhaus
Post by Thomas Nordhaus
Sternförmig ist zu stark. Es reicht zusammenziehbar. Einfach
zusammenhängend ist nicht stark genug, denn es gibt einfach
zusammenhängende Räume, die nicht zusammenziehbar sind. Beispiel die
2-Sphäre.
Thomas
http://www.stud.uni-hannover.de/~steini/analysis2.pdf
Satz 15.23, S.30 (26 nach Nummerierung).
einfach zusammenhängend reicht.
ohne das besserwisserische <falsch> reicht
Herzlichen Dank für die Beleidigung und zusätzlich herzlichen
Glückwunsch zu diesem an Notwendigkeit kaum zu überbietenden Post.

Tut mir leid, aber die Aussage "einfach zusammenhängend ist nicht
stark genug" ist in Bezug auf Kurvenintegrale falsch. Was ist daran
besserwisserisch das zu sagen?

Falls sich Thomas angegriffen fühlt, entschuldige ich mich hiermit,
aber es war wirklich nicht einmal Ansatzweise als persönlicher
Angriff, Diskreditierung oder sonstiges in der Richtung angelegt.

Gruß, S. B.
Thomas Nordhaus
2004-07-11 08:56:54 UTC
Permalink
Post by Stefan Behrens
Falls sich Thomas angegriffen fühlt,
Nein - ich stehe über solchen Dingen. Zweit-Semester müssen mit ihrem
frischen Wissen glänzen, das ist ganz natürlich. Ältere Semester (mit
beginnenden Gedächtnislücken) müssen sowas aushalten können.

Thomas
Post by Stefan Behrens
entschuldige ich mich hiermit,
aber es war wirklich nicht einmal Ansatzweise als persönlicher
Angriff, Diskreditierung oder sonstiges in der Richtung angelegt.
Gruß, S. B.
Thomas Nordhaus
2004-07-10 22:08:30 UTC
Permalink
Post by Stefan Behrens
On Sat, 10 Jul 2004 17:00:55 +0200, Thomas Nordhaus
Post by Thomas Nordhaus
Sternförmig ist zu stark. Es reicht zusammenziehbar. Einfach
zusammenhängend ist nicht stark genug, denn es gibt einfach
zusammenhängende Räume, die nicht zusammenziehbar sind. Beispiel die
2-Sphäre.
Thomas
http://www.stud.uni-hannover.de/~steini/analysis2.pdf
Satz 15.23, S.30 (26 nach Nummerierung).
OK - Das gilt dann wohl aber i.A. nur für 1-Formen. Poincares Lemma
gilt ja für beliebige k-Formen: Jede geschlossene k-Form ist das
Differential einer (k-1)-Form. Vorausgesetzt der Raum ist
zusammenziehbar. Vielleicht weiß da ein (Co-) Homologieexperte mehr
drüber.

Thomas
Roland Harnau
2004-07-11 19:51:41 UTC
Permalink
Poincares Lemma gilt ja für beliebige k-Formen: Jede geschlossene
k-Form ist das Differential einer (k-1)-Form. Vorausgesetzt der Raum
ist zusammenziehbar.
Die Aussage des Poincare-Lemmas dürfte allgemeiner für
k-zusammenhängende Mfs M gelten (d.h. bei (weg-)zusammenhängendem M
pi_m(M)=0 für m<=k, wobei pi_m(M) die m-te Homotopiegruppe von M ist).



Roland
Thomas Nordhaus
2004-07-11 21:22:06 UTC
Permalink
Post by Roland Harnau
Poincares Lemma gilt ja für beliebige k-Formen: Jede geschlossene
k-Form ist das Differential einer (k-1)-Form. Vorausgesetzt der Raum
ist zusammenziehbar.
Die Aussage des Poincare-Lemmas dürfte allgemeiner für
k-zusammenhängende Mfs M gelten (d.h. bei (weg-)zusammenhängendem M
pi_m(M)=0 für m<=k, wobei pi_m(M) die m-te Homotopiegruppe von M ist).
OK - Ich hatte hier aber k nicht fixiert. Wenn das für jede beliebige
geschlossene Form gelten soll, dann müssen sämtliche Homotopiegruppen
trivial sein - und dann ist M zusammenziehbar, nicht wahr? Beispiel:
Für S^2 ist pi_2 nicht trivial, S^2 ist nicht zusammenziehbar und es
gibt geschlossene 2-Formen, die kein Differential sind.
Thomas
Post by Roland Harnau
Roland
Boudewijn Moonen
2004-07-12 14:11:22 UTC
Permalink
Post by Thomas Nordhaus
OK - Ich hatte hier aber k nicht fixiert. Wenn das für jede beliebige
geschlossene Form gelten soll, dann müssen sämtliche Homotopiegruppen
Für S^2 ist pi_2 nicht trivial, S^2 ist nicht zusammenziehbar und es
gibt geschlossene 2-Formen, die kein Differential sind.
Na ja, was hier so impressionistisch leicht hingetupft wird, ist zwar
wahr, aber man soll sich der Schwere hinter dieser Leichtigkeit bewusst
sein...

Zunaechst beweist man das Poincare-Lemma in Dimension k tatsaechlich am
besten erst explizit fuer sternfoermige Mengen. Das ist leicht, damit
hat man es dann fuer Baelle und somit sieht man, dass fuer eine
beliebige (zshgde) Mannigfaltigkeit M fuer jede k-Form gilt:

(*) geschlossen = lokal exakt

Zustaendig fuer die Frage, ob jede geschlossene k-Form exakt ist, ist
dann die *k-te de Rham-Kohomologie*

H_DR^k(M) := {geschlossene k-Formen} / {exakte k-Formen}

(wegen d^2 = 0 ist der Quotient sinnvoll). Wegen (*) ist es plausibel,
dass das ein *globales* Objekt ist, das lokale Struktut rausschmeisst.
In der Tat sagt der beruehmte Satz von der Rham, dass fuer jedes k
dieser Raum nur von der Topologie von M abhaengt, genauer, der Dualraum
der k-ten singulaeren Homolgie von M mit reellen Koeffizienten ist:

H_DR^k(M) isom Hom(H_k(M;|R),|R)

Der Isomorphismus wird dadurch gegeben, dass jede Kohomologieklasse
[omega] einer k-Form omega eine Linearform auf H_k(M;|R) durch
Integration von omega ueber k-Zyklen definiert. Und der Satz ist nun
wahrlich nicht trivial.

So. Damit ist, fuer gegebenes k, jede geschlossene k-Form auch exakt
genau dann, wenn die reelle k-te Homologie verschwindet. Also ist jede
Form, welches k auch immer, auch exakt genau dann, wenn die ganze
Homologie von M (fuer k > 0) verschwindet. Dass das nun wieder dasselbe
ist wie M ist zusammenziehbar, ist nun auch wahrlich nicht trivial; das
liegt daran, dass man M mit der Struktur eines CW-Komplexes versehen
kann und fuer CW-Komplexe die Zusammenziehbarkeit durch das Verschwinden
der Homologie geregelt wird, das ist ein Spezialfall eines allgemeineren
fundamentalen Satzes von Whitehead, der die eigentliche Nuetzlichkeit
der Kategorie der CW-Komplexe begruendet(siehe

http://www.math.cornell.edu/~hatcher/AT/AT.pdf

S. 418). Meiner Ansicht nach ist es eher ueberraschend, dass eine so
schwache Invariante wie die Homologie die Zusammenziehbarkeit regelt.

Also alles in allem: Leicht gesagt aber schwer getan.

gruss Boudewijn
Roland Harnau
2004-07-12 14:45:38 UTC
Permalink
Boudewijn Moonen <***@ipb.uni-bonn.de> writes:
[...]
Post by Boudewijn Moonen
So. Damit ist, fuer gegebenes k, jede geschlossene k-Form auch exakt
genau dann, wenn die reelle k-te Homologie verschwindet. Also ist jede
Form, welches k auch immer, auch exakt genau dann, wenn die ganze
Homologie von M (fuer k > 0) verschwindet. Dass das nun wieder
dasselbe ist wie M ist zusammenziehbar, ist nun auch wahrlich nicht
trivial;
Und das gilt allgemein? Für CW-Komplexe ist das, wie in deinem Link
beschrieben, eine Folge der Sätze von Whitehead und Hurewicz. Um das
Resultat auf diff'bare Mannigfaltigkeiten zu erweitern, müßten sie zu
geeigneten CW-Komplexen homotopieäquivalent sein. Das gilt sicher für
*kompakte* Mfs, für die die Frage nach ihrer Zusammenziehbarkeit aber
sowieso uninteressant ist.



Roland
Boudewijn Moonen
2004-07-12 15:21:56 UTC
Permalink
..................................................... Um das
Resultat auf diff'bare Mannigfaltigkeiten zu erweitern, müßten sie zu
geeigneten CW-Komplexen homotopieäquivalent sein.
Das ist doch auch wohl so. Jede diffbare Mfk laesst sich als eine
abgeschlossene Umf des R^{2n+1} einbetten. Die Abstandsfunktion zu einem
generischen Punkt des Komplements ist dann eine Morsefunktion, die ich
zu einer Henkelzerlegung verwenden kann.

Gruss Boudewijn
Roland Harnau
2004-07-13 15:44:09 UTC
Permalink
Post by Boudewijn Moonen
..................................................... Um das
Resultat auf diff'bare Mannigfaltigkeiten zu erweitern, müßten sie zu
geeigneten CW-Komplexen homotopieäquivalent sein.
Das ist doch auch wohl so. Jede diffbare Mfk laesst sich als eine
abgeschlossene Umf des R^{2n+1} einbetten. Die Abstandsfunktion zu
einem generischen Punkt des Komplements ist dann eine Morsefunktion,
die ich zu einer Henkelzerlegung verwenden kann.
Ja. Der Index k eines kritischen Punktes der Morsefunktion bestimmt
einerseits einen k-Henkel, andererseits eine k-Zelle, mit der sich ein
zur Mf M homotopieäquivalenter Zellenkomplex konstruieren läßt. Das
funktioniert auch, so weit M kompakt ist und f damit nur endlich viele
kritische Punkte hat. Läßt sich der Beweis für den nichtkompakten Fall
irgendwo nachlesen?

Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.



Roland
Rolf Albinger
2004-07-13 19:57:36 UTC
Permalink
On Tue, 13 Jul 2004 17:44:09 +0200, Roland Harnau
[Snip]
Ja. Der Index k eines kritischen Punktes der Morsefunktion bestimmt
einerseits einen k-Henkel, andererseits eine k-Zelle, mit der sich ein
zur Mf M homotopieäquivalenter Zellenkomplex konstruieren läßt. Das
funktioniert auch, so weit M kompakt ist und f damit nur endlich viele
kritische Punkte hat. Läßt sich der Beweis für den nichtkompakten Fall
irgendwo nachlesen?
Ja,
bei Morris W. Hirsch Differential Topology
Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.
Roland
Viel Spass weiterhin
Rolf

Wo Frauen geehrt werden sind die Goetter zufrieden.
Rainer Rosenthal
2004-07-13 21:14:39 UTC
Permalink
"Rolf Albinger" schrieb
Post by Rolf Albinger
Wo Frauen geehrt werden sind die Goetter zufrieden.
Wo Frauen geehrt werden, ist die Zeichensetzung nicht
so wichtig.
--
Rainer Rosenthal, ***@web.de
_
(_) Given A, P and a circle. Find B, C on the
A P circle with P on BC and area(ABC)=maximum.
(Ingmar Rubin in de.sci.mathematik)
Rolf Albinger
2004-07-14 08:21:38 UTC
Permalink
On Tue, 13 Jul 2004 23:14:39 +0200, "Rainer Rosenthal"
Post by Rainer Rosenthal
"Rolf Albinger" schrieb
Post by Rolf Albinger
Wo Frauen geehrt werden sind die Goetter zufrieden.
Wo Frauen geehrt werden, ist die Zeichensetzung nicht
so wichtig.
Neue deutsche Rechtschreibung.
Schon mal gehoert? Kennst Dich nicht aus?

Viel Spass weiterhin
Rolf
Wo Frauen geehrt werden sind die Goetter zufrieden.
Boudewijn Moonen
2004-07-14 08:11:51 UTC
Permalink
Post by Roland Harnau
Ja. Der Index k eines kritischen Punktes der Morsefunktion bestimmt
einerseits einen k-Henkel, andererseits eine k-Zelle, mit der sich ein
zur Mf M homotopieäquivalenter Zellenkomplex konstruieren läßt. Das
funktioniert auch, so weit M kompakt ist und f damit nur endlich viele
kritische Punkte hat. Läßt sich der Beweis für den nichtkompakten Fall
irgendwo nachlesen?
[1], S. 36.
Post by Roland Harnau
Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.
Ja, [1], Theorem 3.5.

Merkwuerdigerweise beweist Milnor in [1] und [2] viel mehr als er
explizit formuliert. In der Tat gibt er eine genaue Beschreibung, was
bei einem Durchgang durch einen kritischen Punkt passiert und damit eine
Henkelkoerperzerlegung, nicht nur bis auf Homotopieaequivalenz. Zudem
wird in den Beweisen von [2] die Homologie als Homologie des
Morsekomplexes vollstaendig beschrieben und eine explizite Basis
angegeben, die Milnor "transversale Scheiben" nennt, expliziz formuliert
werden aber nur die viel schwaecheren Morseungleichungen. Da Milnor in
[2] i.w. die Resultate von Smale -- also Beweis der Poincare-Vermutung
fuer n >= 6 beschreibt -- denke ich, dass das auch schon bei Smale
steht. Daher habe ich mich ziemlich ueber die Aufregung gewundert, als
Witten mit dem Morsekomplex hausieren ging, das war doch alles schon
bekannt.

Aber wie auch immer, wenn man nur wissen will, dass eine diffbare Mfkt
eine CW-Zerlegung besitzt, genuegt es zu wissen, dass sie sich
triangulieren laesst. Das findet man in [3].

Gruss Boudewijn

[1] J. MILNOR: Morse Theory. Annals Of Mathematic Studies 51. Princeton
University Press 1963

[2] J. MILNOR: Lectures On The h-Cobordism Theorem. Princeton
University Press 1965

[3] J. Munkres: Elementary Differential Topology. Annals Of Mathematic
Studies 54. Princeton University Press 1966
Roland Harnau
2004-07-15 17:50:16 UTC
Permalink
Post by Boudewijn Moonen
Post by Roland Harnau
Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.
Ja, [1], Theorem 3.5.
Danke für die Literatur. Die Aussage über den CW-Homotopietyp kannte
ich nur für kompakte Mannigfaltigkeiten.

[...]
Post by Boudewijn Moonen
Zudem wird in den Beweisen von [2] die Homologie als Homologie des
Morsekomplexes vollstaendig beschrieben und eine explizite Basis
angegeben, die Milnor "transversale Scheiben" nennt, expliziz
formuliert werden aber nur die viel schwaecheren
Morseungleichungen. Da Milnor in [2] i.w. die Resultate von Smale --
also Beweis der Poincare-Vermutung fuer n >= 6 beschreibt -- denke
ich, dass das auch schon bei Smale steht. Daher habe ich mich
ziemlich ueber die Aufregung gewundert, als Witten mit dem
Morsekomplex hausieren ging, das war doch alles schon bekannt.
Mit Witten ist aber ein "neuer" Ansatz zur Morse-Theorie verbunden,
bei dem auf M zusätzlich eine Riemannsche Metrik einführt wird und die
Moduliräume von Integralkurven des Gradientenfeldes von f:M --> R
zwischen kritischen Punkten betrachtet werden. Darüber läßt sich recht
elegant der Morsekomplex definieren und die Isomorphie zwischen
Morse-Homologie und singulärer Homologie zeigen.



Roland
Thomas Mautsch
2004-07-16 09:50:18 UTC
Permalink
Post by Roland Harnau
Post by Boudewijn Moonen
Post by Roland Harnau
Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.
Ja, [1], Theorem 3.5.
Danke für die Literatur. Die Aussage über den CW-Homotopietyp kannte
ich nur für kompakte Mannigfaltigkeiten.
Steht da jetzt *alles* drin, was Boudewijn ueber
nichtkompakte Mannigfaltigkeiten mit trivialen Homotopiegruppen
behauptet hat?
Post by Roland Harnau
[...]
Post by Boudewijn Moonen
Zudem wird in den Beweisen von [2] die Homologie als Homologie des
Morsekomplexes vollstaendig beschrieben und eine explizite Basis
angegeben, die Milnor "transversale Scheiben" nennt, expliziz
formuliert werden aber nur die viel schwaecheren
Morseungleichungen. Da Milnor in [2] i.w. die Resultate von Smale --
also Beweis der Poincare-Vermutung fuer n >= 6 beschreibt -- denke
ich, dass das auch schon bei Smale steht. Daher habe ich mich
ziemlich ueber die Aufregung gewundert, als Witten mit dem
Morsekomplex hausieren ging, das war doch alles schon bekannt.
Mit Witten ist aber ein "neuer" Ansatz zur Morse-Theorie verbunden,
bei dem auf M zusätzlich eine Riemannsche Metrik einführt wird und die
Moduliräume von Integralkurven des Gradientenfeldes von f:M --> R
zwischen kritischen Punkten betrachtet werden. Darüber läßt sich recht
elegant der Morsekomplex definieren und die Isomorphie zwischen
Morse-Homologie und singulärer Homologie zeigen.
Das ist etwas anders, glaube ich:

Der Ansatz, Morsetheorie ueber die Flusslinien
von (Pseudo-)Gradientenfeldern zu behandeln,
ist ganz deutlich schon in Smales Arbeiten zur Poincaré-Vermutung vorhanden
und eventuell auch schon in Thoms Arbeiten (aus den Fuenfzigern(?))
angedeutet. Das, was man heute "Witten-Komplex" nennt,
traegt seinen Namen fast so ungerechtfertigt wie das "Gauss-Bonnet-Theorem".

[Da Witten Morse-Theorie bei Bott gelernt hat,
besteht die Chance, dass ihm vielleicht sogar
der "Witten-Komplex" in Botts Kurs ueber den Weg gelaufen ist.]

Wittens echter Verdienst ist die Einfuehrung der "Witten-Deformation"
des de-Rham-Komplexes. -- Statt des gewoehnlichen aeusseren Differentials
omega |--> d omega
auf alternierenden Formen omega benutzt Witten als Differential
omega |--> d omega + T * df /\ omega,
wobei f eine Morse(-Smale)-Funktion ist und T eine reelle Konnstante,
die Witten gegen +oo gehen laesst...


Gute Literatur zum Thema sind Raoul Botts Artikel

Lectures on Morse theory, old and new.
Bull. Amer. Math. Soc. (N.S.) 7 (1982), no. 2, S. 331-358

bzw.
(wahrscheinlich identisch)

Lectures on Morse theory, old and new.
Proceedings of the 1980 Beijing Symposium on
Differential Geometry and Differential Equations (Beijing, 1980),
S. 169-218, Science Press, Beijing, 1982.

und

Morse theory indomitable.
Inst. Hautes Études Sci. Publ. Math. No. 68 (1988), S. 99-114

Kurzer scimathnet-Review des letzteren Artikels von Dorin Andrica:

This paper represents a very interesting and instructive survey
devoted to Morse theory, in which the author presents in a
very clear manner the old and new ideas in this field.
After some historical and sentimental comments, the author begins
with the basic notions and results: nondegenerate critical points
of a smooth real map on a differentiable manifold, the index of these points,
Morse's inequalities, and the connection with the topology and geometry
of the manifold.
Afterwards, results in the following principal directions are presented:
(1) the point of view of R. Thom;
(2) the connection between Morse theory and
the theory of dynamical systems initiated by S. Smale;
(3) Witten's complex and its applications in quantum mechanics;
(4) the Morse theory for Lagrangian intersections given by A. Floer.
Boudewijn Moonen
2004-07-16 09:10:00 UTC
Permalink
Post by Thomas Mautsch
Post by Roland Harnau
Post by Boudewijn Moonen
Post by Roland Harnau
Allgemein gilt wohl, dass wenn f: M --> R eine Morsefunktion ist, M
den Homotopietyp eines CW-Komlexes hat, wenn M_a=f^(-1)(]-oo,a])
kompakt für alle a \in R ist.
Ja, [1], Theorem 3.5.
Danke für die Literatur. Die Aussage über den CW-Homotopietyp kannte
ich nur für kompakte Mannigfaltigkeiten.
Steht da jetzt *alles* drin, was Boudewijn ueber
nichtkompakte Mannigfaltigkeiten mit trivialen Homotopiegruppen
behauptet hat?
Ich denke mal, ich sollte hinzufuegen, dasss diese einfach
zusammenhaengend vorausgesetzt werden sollten.

Gruss Boudewijn
Roland Harnau
2004-07-16 15:53:03 UTC
Permalink
Post by Boudewijn Moonen
Post by Roland Harnau
Danke für die Literatur. Die Aussage über den CW-Homotopietyp
kannte ich nur für kompakte Mannigfaltigkeiten.
Steht da jetzt *alles* drin, was Boudewijn ueber nichtkompakte
Mannigfaltigkeiten mit trivialen Homotopiegruppen behauptet hat?
Ich denke mal, ich sollte hinzufuegen, dasss diese einfach
zusammenhaengend vorausgesetzt werden sollten.
? Wenn ein topol. Raum triviale Homotopiegruppen hat, ist vor allen
Dingen die erste Homotopiegruppe, die Fundamentalgruppe, trivial, der
Raum also einfach zusammenhängend. [ Thomas' (rhetorische?) Frage kann
ich nicht beantworten, da ich mir die Stellen in Milnors Büchern noch
nicht angeschaut habe.]



Roland
Thomas Mautsch
2004-07-16 20:26:37 UTC
Permalink
Post by Roland Harnau
Post by Roland Harnau
Danke für die Literatur. Die Aussage über den CW-Homotopietyp
kannte ich nur für kompakte Mannigfaltigkeiten.
Steht da jetzt *alles* drin, was Boudewijn ueber nichtkompakte
Mannigfaltigkeiten mit trivialen Homotopiegruppen behauptet hat?
[ Thomas' (rhetorische?) Frage kann
ich nicht beantworten, da ich mir die Stellen in Milnors Büchern noch
nicht angeschaut habe.]
Definitiv nicht rhetorisch. --
Ich wuerde gern mehr ueber Topologie wissen...

Roland Harnau
2004-07-16 15:39:10 UTC
Permalink
Thomas Mautsch <***@math.ethz.ch> writes:
[...]
Post by Thomas Mautsch
Morse theory indomitable.
Inst. Hautes Études Sci. Publ. Math. No. 68 (1988), S. 99-114
Danach geht die Idee, Integralkurven des Gradientenfeldes von f zu
betrachten, tatsächlich auf Thom und Smale zurück, den
Thom-Smale-Witten-Komplex definierten sie aber wohl nicht. Auf S. 106
schreibt Bott jedenfalls:

'I wish Steve had written a more extended account of his note, for
then surely he would have pointed out that in fact the disposition of
these finite numbers of "proper instantons" as I will call them, are
precisely what one needs to compute the homology of M! Instead he
derives the Morse inequalities and their generalization to more
general flows and hurries on to other things.'



Roland
Thomas Mautsch
2004-07-16 17:08:43 UTC
Permalink
Post by Roland Harnau
[...]
Post by Thomas Mautsch
Morse theory indomitable.
Inst. Hautes Études Sci. Publ. Math. No. 68 (1988), S. 99-114
Danach geht die Idee, Integralkurven des Gradientenfeldes von f zu
betrachten, tatsächlich auf Thom und Smale zurück,
[ ... ]

Ja, Smale ist geradezu "besessen" von Fluessen und
insbesondere gradientenartigen Fluessen. --
Z.B. ist (um mal auf den Thread zum Newtonverfahren zurueckzukommen,
den Peter Niessen vor ein paar Monaten gestartet hatte),
das Newtonverfahren fuer Smale (und Hirsch) nur

eine Diskretisierung des Flusses (d.h. der gewoehnlichen DGl.)

dz/dt = f(t)/f'(t)

mit dem Eulerverfahren.
Post by Roland Harnau
den Thom-Smale-Witten-Komplex definierten sie aber wohl nicht. Auf S. 106
'I wish Steve had written a more extended account of his note, for
then surely he would have pointed out that in fact the disposition of
these finite numbers of "proper instantons" as I will call them, are
precisely what one needs to compute the homology of M! Instead he
derives the Morse inequalities and their generalization to more
general flows and hurries on to other things.'
Na gut, dann hat Witten die Idee wohl doch nicht aus Botts Vorlesung. --
Waere aber noch nett gewesen...
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