Discussion:
R ist überabzählbar
(zu alt für eine Antwort)
Jutta Gut
2008-11-21 08:00:22 UTC
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Hallo!

Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird, mache ich mal einen
neuen auf. Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.

Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von N
auffassen. Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge und
ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?

Grüße
Jutta
Wolfgang Kirschenhofer
2008-11-21 11:22:31 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Hallo!
Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird, mache ich mal einen
neuen auf. Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.
Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von N
auffassen. Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge
und ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?
Grüße
Jutta
Hallo Jutta !

1.)Zum ersten Absatz deines Beitrags:
Einen derartigen Beweis findest du auf meiner Homepage unter

member.schule.at/kimathe/Ueberabzaehlbarkeit.html

Für das vollständige Runterladen mußt du etwas warten.
Dieser Beweis geht auf Cantor zurück und verwendet kein Diagonalargument.
Man braucht aber natürlich die Vollständigkeit von R. Jeder korrekte Beweis
für die Überabzählbarkeit von R muß explizit oder implizit die
Vollständigkeit von R benützen.
Ich glaube, daß Cantor diesen Beweis vor seinem Diagonalbeweis geführt
(veröffentlicht) hat.
Ich habe den Beweis dem folgenden sehr interessanten Buch entnommen:
J.C. Oxtoby: Maß und Kategorie , Springer Verlag,1971, ISBN 3-540-05393-X

2.)Zum zweiten Absatz:
Die Cantor'sche Beweisführung, daß die Potenzmenge P(M) einer Menge M eine
größere Mächtigkeit als M hat, kann man als eine "Verkleidung" des
Diagonalarguments sehen.
Historisch, so glaube ich, hat Cantor das Diagonalargument erst später
"erfunden" um für seine Gegner verständlicher zu sein.
Genaueres dazu ergibt sich aus den drei Sätzen (4.25) bis (4.27) des
folgenden Buches:
"Real and Abstract Analysis" von E. Hewitt und K. Stromberg, Springer
Verlag.
In den Beweisen wird allerdings der Satz von SCHRÖDER-BERNSTEIN verwendet.
Ich werde dir heute noch diese drei Sätze (mitsamt Beweisen) einscannen und
via E-Mail schicken.

Herzliche Grüße,
Wolfgang
Joachim Mohr
2008-11-22 07:44:48 UTC
Permalink
Hallo Wofgang,
Post by Wolfgang Kirschenhofer
member.schule.at/kimathe/Ueberabzaehlbarkeit.html
Zu Satz 1 (Beweis nach Cantor).
Den Beweis könnte man über offene Intervalle vereinfachen und moderner
formulieren:

"Wir konstruieren folgendermaßen eine Intervallschachtelung
von offenen beschränkten Intervallen nach eiem
Intervallhalbierungsverfahren.

Als erstes wählen wir ein offenes Teilintervall
I_0 von I endlicher Länge.

Für alle n>=1 teilt die Mitte das Intervall I_n in zwei
offene Teilintervalle. Wir wählen dasjenige Teilintervall I_n,
welches a_n nicht enthält.

Das Zentrum p der Intervallschachtelung (I_n) ist von allen a_n verschieden.

(Mit Zentrum wird die eindeutig bestimmte Zahl p benannt, die
in allen Intervallen I_n liegt. Sie existiert wegen der Vollständigkeit
von R).

Dann ist p von allen a_n verschieden (n>=0)."

Viele Grüße
Joachim
--
Joachim Mohr Tübingen
http://www.joachimmohr.de/neu.html
Wolfgang Kirschenhofer
2008-11-22 17:06:26 UTC
Permalink
Post by Joachim Mohr
Hallo Wofgang,
Post by Wolfgang Kirschenhofer
member.schule.at/kimathe/Ueberabzaehlbarkeit.html
Zu Satz 1 (Beweis nach Cantor).
Den Beweis könnte man über offene Intervalle vereinfachen und moderner
"Wir konstruieren folgendermaßen eine Intervallschachtelung
von offenen beschränkten Intervallen nach eiem
Intervallhalbierungsverfahren.
Als erstes wählen wir ein offenes Teilintervall
I_0 von I endlicher Länge.
Für alle n>=1 teilt die Mitte das Intervall I_n in zwei
offene Teilintervalle. Wir wählen dasjenige Teilintervall I_n,
welches a_n nicht enthält.
Das Zentrum p der Intervallschachtelung (I_n) ist von allen a_n verschieden.
(Mit Zentrum wird die eindeutig bestimmte Zahl p benannt, die
in allen Intervallen I_n liegt. Sie existiert wegen der Vollständigkeit
von R).
Dann ist p von allen a_n verschieden (n>=0)."
Viele Grüße
Joachim
--
Joachim Mohr Tübingen
http://www.joachimmohr.de/neu.html
Hallo Joachim !

Was ist das Zentrum dieser Folge von offenen Intervallen I_n:= ]0,
1/(2^n)[ ?

Viele Grüße,
Wolfgang
Joachim Mohr
2008-11-23 06:54:14 UTC
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Post by Wolfgang Kirschenhofer
Was ist das Zentrum dieser Folge von offenen Intervallen
I_n:= ]0, 1/(2^n)[ ?

Das Zentrum ist lim 0 = 0 = lim 1/(2^n).

Aber Du hast mit Deiner berechtigten Frage mich
darauf hingewiesen, dass der Durchschnitt aller
I_n leer ist.

Und insofern fällt mein "schöner" Beweis
in sich zusammen. Der lim von unten bzw.
von oben kännte doch ein a_n sein.

Also bleibt's doch bei der Dreiteileung der
Intervalle in abgeschlossene Intervalle.

Viele Grüße Joachim
--
Joachim Mohr Tübingen
http://www.joachimmohr.de/neu.html
Helmut Büch
2008-11-22 07:50:26 UTC
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Post by Wolfgang Kirschenhofer
Dieser Beweis geht auf Cantor zurück und verwendet kein
Diagonalargument. Man braucht aber natürlich die Vollständigkeit von R.
Jeder korrekte Beweis für die Überabzählbarkeit von R muß explizit oder
implizit die Vollständigkeit von R benützen.
Dies ist eine ungemein wichtige Feststellung.

Was bedeutet es dann aber logisch, wenn Cantor in seinem 2.
Diagonalargument die Vollständigkeit von R voraussetzt - er sagt es
nicht explizit, wohl weil er es für selbstverständlich hält - und wenn
sein Beweis dann wunschgemäß auf einen Widerspruch führt?

Ist dann die Behauptung - die Abzählbarkeit - mit Sicherheit widerlegt
(wie allgemein angenommen wird) oder müsste man auch die Voraussetzungen
anzeifeln, das hieße auch die Vollständigkeit von R?

Grüße, Helmut
Martin Vaeth
2008-11-22 10:42:04 UTC
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Post by Helmut Büch
Post by Wolfgang Kirschenhofer
Jeder korrekte Beweis für die Überabzählbarkeit von R muß explizit oder
implizit die Vollständigkeit von R benützen.
Dies ist eine ungemein wichtige Feststellung.
Was bedeutet es dann aber logisch, wenn Cantor in seinem 2.
Diagonalargument die Vollständigkeit von R voraussetzt
Die Vollstaendigkeit geht hier in der Tatsache ein, dass jede
beliebige (unendliche) Dezimaldarstellung konvergiert, also eine
reelle Zahl "darstellt".
Post by Helmut Büch
oder müsste man auch die Voraussetzungen
anzeifeln, das hieße auch die Vollständigkeit von R?
Das, was man gemeinhin mit "R" bezeichnet (alle ueblichen Definitionen
fuehren beweisbar auf das selbe) _hat_ die Eigenschaft, vollstaendig
zu sein - das ist ein Satz, keine Voraussetzung.

Die uebliche Definition von R ist natuerlich Teil der Voraussetzung
des Cantorschen Satzes: Wenn ich R={1,1/2,1/3,...} definieren wuerde,
besagt der Cantorsche Satz natuerlich nicht, dass _dieses_ R
ueberabzaehlbar ist.
WM
2008-11-22 11:06:05 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Post by Helmut Büch
Post by Wolfgang Kirschenhofer
Jeder korrekte Beweis für die Überabzählbarkeit von R muß explizit oder
implizit die Vollständigkeit von R benützen.
Dies ist eine ungemein wichtige Feststellung.
Was bedeutet es dann aber logisch, wenn Cantor in seinem 2.
Diagonalargument die Vollständigkeit von R voraussetzt
Die Vollstaendigkeit geht hier in der Tatsache ein, dass jede
beliebige (unendliche) Dezimaldarstellung konvergiert, also eine
reelle Zahl "darstellt".
Post by Helmut Büch
oder müsste man auch die Voraussetzungen
anzeifeln, das hieße auch die Vollständigkeit von R?
Das, was man gemeinhin mit "R" bezeichnet (alle ueblichen Definitionen
fuehren beweisbar auf das selbe) _hat_ die Eigenschaft, vollstaendig
zu sein - das ist ein Satz, keine Voraussetzung.
Unbewiesene Sätze bezeichnet man oftmals als Axiome und nennt sie
zuweilen auch Voraussetzungen. Ein aus anderen Sätzen abgeleiteter
Satz ist die Vollständigkeit im üblichen Aufbau von |R nicht. Das
Axiom kann mit Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen, Dedekind-Schnitten
oder Intervallschachtelungen oder kurz als Vollständigkeit formuliert
sein. Eine Voraussetzung bleibt es allemal.

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-22 13:39:42 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Das, was man gemeinhin mit "R" bezeichnet (alle ueblichen Definitionen
fuehren beweisbar auf das selbe) _hat_ die Eigenschaft, vollstaendig
zu sein - das ist ein Satz, keine Voraussetzung.
[...] Ein aus anderen Sätzen abgeleiteter
Satz ist die Vollständigkeit im üblichen Aufbau von |R nicht.
Doch, selbstverstaendlich ist er das.
Das
Axiom kann mit Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen, Dedekind-Schnitten
oder Intervallschachtelungen oder kurz als Vollständigkeit formuliert
sein.
Es gibt wohl keine sinnvolle Formulierung der Vollständigkeit mit
Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen. Das verwechseln Sie vermutlich mit
der _Definition_ von R:
_R_ (nicht "das Axiom") kann mit Äquivlanzklassen von Cauchy-Folgen,
Dedekind-Schnitten, Intervallschachtelungen und noch
auf viele andere (weniger bekannte) Arten definiert werden.
Man erhält jeweils das selbe (bis auf Isomorphie), und als _Satz_,
dass das so definierte R vollstaendig und ordnungsvollstaendig ist.
Eine Voraussetzung bleibt es allemal.
Nein, es folgt aus der _Definition_ von R. Diese Definition (also eine der
o.g. aequivalenten) setzt man natuerlich voraus, wenn man Aussagen
ueber R macht.
WM
2008-11-22 14:03:40 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Post by Martin Vaeth
Das, was man gemeinhin mit "R" bezeichnet (alle ueblichen Definitionen
fuehren beweisbar auf das selbe) _hat_ die Eigenschaft, vollstaendig
zu sein - das ist ein Satz, keine Voraussetzung.
[...] Ein aus anderen Sätzen abgeleiteter
Satz ist die Vollständigkeit im üblichen Aufbau von |R nicht.
Doch, selbstverstaendlich ist er das.
Das
Axiom kann mit Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen, Dedekind-Schnitten
oder Intervallschachtelungen oder kurz als Vollständigkeit formuliert
sein.
Es gibt wohl keine sinnvolle Formulierung der Vollständigkeit mit
Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen. Das verwechseln Sie vermutlich mit
_R_ (nicht "das Axiom") kann mit Äquivlanzklassen von Cauchy-Folgen,
Dedekind-Schnitten, Intervallschachtelungen und noch
auf viele andere (weniger bekannte) Arten definiert werden.
Man erhält jeweils das selbe (bis auf Isomorphie), und als _Satz_,
dass das so definierte R vollstaendig und ordnungsvollstaendig ist.
Eine Voraussetzung bleibt es allemal.
Nein, es folgt aus der _Definition_ von R. Diese Definition (also eine der
o.g. aequivalenten) setzt man natuerlich voraus, wenn man Aussagen
ueber R macht.
Wer ist denn Ihr "man", und wie definiert er oder sie |R ohne dies auf
Axiome zu stützen?

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-22 15:46:06 UTC
Permalink
Post by WM
Post by Martin Vaeth
Nein, es folgt aus der _Definition_ von R. Diese Definition (also eine der
o.g. aequivalenten) setzt man natuerlich voraus, wenn man Aussagen
ueber R macht.
Wer ist denn Ihr "man"
Zumindest seit vielen Jahrzehnten jeder serioese Mathematiker in
normaler Konversation, wenn er nicht ausdruecklich klar gemacht
hat, dass er unter R etwas anderes verstehen will.
Insbesondere natuerlich jedes gute Lehrbuch.
Post by WM
und wie definiert er oder sie |R ohne dies auf
Axiome zu stützen?
Wie frueher erwaehnt, und wie in jedem guten elementaren Lehrbuch
nachzulesen ist; beispielsweise als Menge der Dedekind-Schnitte.
Eine solche Definition benutzt ihrem Wesen nach keinerlei Axiome,
nur die formale Sprache der Mengenlehre.
Natuerlich _kann_ man auch eine Definition waehlen, in der man
Axiome benutzt (beispielsweise, wenn man R als vollstaendigen
totalgeordneten Koerper definiert).
Aber die genaue Art der Definition tut eben nichts zur Sache,
weil alle diese ueblichen Definitionen beweisbar das selbe ergeben:
In jedem Fall ist es ein beweisbarer _Satz_, dass R vollstaendig ist.
WM
2008-11-22 16:46:01 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Post by WM
Post by Martin Vaeth
Nein, es folgt aus der _Definition_ von R. Diese Definition (also eine der
o.g. aequivalenten) setzt man natuerlich voraus, wenn man Aussagen
ueber R macht.
Wer ist denn Ihr "man"
Zumindest seit vielen Jahrzehnten jeder serioese Mathematiker in
normaler Konversation, wenn er nicht ausdruecklich klar gemacht
hat, dass er unter R etwas anderes verstehen will.
Insbesondere natuerlich jedes gute Lehrbuch.
Alle guten Lehrbücher die ich kenne, gehen über die normale
Konversation weit hinaus und definieren |R mit Hilfe von Axiomen.
Post by Martin Vaeth
Post by WM
und wie definiert er oder sie |R ohne dies auf
Axiome zu stützen?
Wie frueher erwaehnt, und wie in jedem guten elementaren Lehrbuch
nachzulesen ist;
Ein meines Erachtens sehr gutes und aktuelles "Lehrbuch" ist die
Springer Online Enzyklopädie
http://eom.springer.de/R/r080060.htm
Dort werden die reellen Zahlen folgendermaßen eingeführt:
Real numbers form a non-empty totality of elements which contains more
than one element and displays the following properties. Und dann
folgen die Axiome, die man als nicht moderner Mathematiker benötigt,
um die reellen Zahlen zu definieren.

Aber auch das Lexikon der Mathematik (von Spektrum) scheint die
axiomatische Methode der rein konversiven vorzuziehen. Unter dem
Stichwort reellen Zahlen findet man dort: reelle Zahlen, Ergebnis der
Erweiterung des archimedischen Körpers Q der rationalen Zahlen zu
einem vollständigen archimedischen Körper R. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgeführt werden.

Es scheint also eines der von mir genannten Axiome nötig zu sein.

Und schließlich gibt es ein ganz modernes Lehrbuch (vom November 2008,
also noch druckfrisch) dort wird nach der Einführung der rationalen
Zahlen gesagt: "Die reellen Zahlen können mit Hilfe des Dedekindschen
Schnittaxioms auf den rationalen
Zahlen definiert werden. Es seien A und B zwei Mengen mit den
folgenden Eigenschaften ..."
Nun diese Eigenschaften sind wahrscheinlich auch einem Mengenlehrer
noch bekannt.
Post by Martin Vaeth
beispielsweise als Menge der Dedekind-Schnitte.
Eine solche Definition benutzt ihrem Wesen nach keinerlei Axiome,
Ähem. Die Menge der Dedekind-Schnitte ergibt sich so ganz en passant
ohne das Dedekindsche Schnittaxiom?
Post by Martin Vaeth
nur die formale Sprache der Mengenlehre.
Ich verstehe, Sie benutzen eine Sprache - ohne Inhalt zwar, aber mit
Form. Ja, diesen Eindruck habe ich von der modernen Mengenlehre schon
des Längeren.
Post by Martin Vaeth
Natuerlich _kann_ man auch eine Definition waehlen, in der man
Axiome benutzt (beispielsweise, wenn man R als vollstaendigen
totalgeordneten Koerper definiert).
Aber die genaue Art der Definition tut eben nichts zur Sache,
In jedem Fall ist es ein beweisbarer _Satz_, dass R vollstaendig ist.
Das ist falsch. Ohne eine Definition, welche die Vollständigkeit
axiomatisch voraussetzt, kann die Vollständigkeit nicht bewiesen
werden, schon deswegen nicht, weil sie in Wirklichkeit nicht vorhanden
ist. (Das was eigentlich der ursprüngliche Grund meiner Frage. Nur
Ihre windige "Konversation" hat davon etwas abgelenkt.)

Nun folgt also das Thema, das ich eigentlich ansprechen wollte:

Ich schreibe in meinem Buch (es ist das oben zitierte):

http://www.oldenbourg-wissenschaftsverlag.de/olb/de/1.c.1598342.de?hasjs=1227370886&submittedByForm=1&_lang=de&gsid=1.c.325875.de&id=1598342

"Mit der Endlichkeit einer jeden Menge ist auch die Menge aller
Ziffern einer Zahl endlich. Die meistens stillschweigend angenommene
Voraussetzung, dass jede reelle Zahl „beliebig genau“ approximierbar
sei, gilt nicht uneingeschränkt – die Zahlenachse weist Lücken auf;
die Stetigkeitsannahme, der Konvergenzbegriff und andere Grundpfeiler
der Infinitesimalrechnung werden problematisch; schon der
Zwischenwertsatz oder der Fundamentalsatz der Algebra „leiden
Ausnahmen“.
Das kann niemand ändern! Die Mathematik steht nicht außerhalb der
Wirklichkeit. Es hilft wenig, die Existenz aktual unendlicher Mengen
axiomatisch zu fordern und so die Vollständigkeit der reellen Zahlen
zu „beweisen“. Damit behebt man den Mangel ebenso wenig, wie ein
Kaufmann seine Bilanz durch Anhängen einiger Nullen aufbessern kann –
wie Immanuel Kant in einem ähnlichen Zusammenhang feststellte [8]. Das
wirklich zugängliche „Kontinuum“ besitzt eine körnige Struktur."

Nun hat mir ein Kollege Inkonsequenz vorgeworfen, weil er Folgendes
gefunden hat:

"Satz: Jede beschränkte Folge enthält eine konvergente Teilfolge."
in Verbindung mit der Aussage
"In den reellen Zahlen besitzt jede Cauchy-Folge einen Grenzwert. In
den rationalen Zahlen ist dies nicht der Fall."

Das letzte Zitat macht _keine_ Aussage über die Vollständigkeit der
reellen Zahlen! Allerdings scheint es manchen Mathematikern nicht zu
gelingen, nur das zu lesen, was geschrieben steht. Sie interpretieren
gern das, was sie einst gelernt haben, mit hinein.

Dort steht, zwar dass _jede_ Cauchy-Folge einen Grenzwert besitzt.
Dort steht aber _nicht_, dass es für überabzählbar viele reelle Zahlen
Cauchy-Folgen überhaupt gibt! Deswegen hat dieser Satz auch nichts mit
Vollständigkeit zu tun. Aber das kann man wahrscheinlich nur solchen
Mathematikern vermitteln, deren Denkapparat noch frisch und nicht so
eingefahren ist, wie bei dem Zitierten.

Zum Grenzwert bleibt noch zu sagen, dass auch er nur aufgrund des FAPP-
Argumentes existiert, das sehr schön von Robinson formuliert wurde: Es
gibt keine unendlichen Mengen, aber wir dürfen so tun, als gäbe es
sie. Die genaue Formulierung dieses Satzes finden Sie
selbstverständlich auch in meinem Buch, sogar im kostenlos
zugänglichen Teil des Vorwortes:

http://www.hs-augsburg.de/~mueckenh/P5%20Zusfass.pdf

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-22 18:38:06 UTC
Permalink
Alle guten Lehrb?cher die ich kenne, gehen ?ber die normale
Konversation weit hinaus und definieren |R mit Hilfe von Axiomen.
[...]
Real numbers form a non-empty totality of elements which contains more
than one element and displays the following properties. Und dann
Das ist der didaktisch zeitsparendste Weg. Der Nachteil ist halt,
dass bei einem solchen axiomatischen Vorgehen keineswegs klar ist,
dass die Axiome erfuellbar sind, also dass R existiert.
[...]. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgef?hrt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome n?tig zu sein.
Eben nicht: Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun.
Das sind alles _Definitionen_.
Und schlie?lich gibt es ein ganz modernes Lehrbuch (vom November 2008,
also noch druckfrisch) dort wird nach der Einf?hrung der rationalen
Zahlen gesagt: "Die reellen Zahlen k?nnen mit Hilfe des Dedekindschen
Schnittaxioms auf den rationalen Zahlen definiert werden."
Es gibt immer wieder einmal Fehler in Lehrbuechern. Dies ist ein solcher.
Das Dedekindsche Schnittaxiom ist eine Eigenschaft reeller Zahlen -
um es zu formulieren, muss man ja bereits unterstellen, dass
man die Menge R schon gegeben hat.
Die Dedekindsche Konstruktion von R mit Hilfe von Schnitten rationaler
Zahlen hat damit zunaechst nichts zu tun - hier braucht man ja nur Q.
Erst im Nachhinein kann man _beweisen_, dass die Dedekindsche Konstruktion
von R das Dedekindsche Schnittaxiom erfuellt.
Post by Martin Vaeth
beispielsweise als Menge der Dedekind-Schnitte.
Eine solche Definition benutzt ihrem Wesen nach keinerlei Axiome,
?hem. Die Menge der Dedekind-Schnitte ergibt sich so ganz en passant
ohne das Dedekindsche Schnittaxiom?
Natuerlich. Das Dedkindsche Schnittaxiom (fuer reelle Zahlen) folgt
dann z.B. aus der Definition von R als Menge der rationalen Schnitte.
Die letzte Definition benoetigt eben _kein_ Axiom.
Post by Martin Vaeth
nur die formale Sprache der Mengenlehre.
Ich verstehe
Offensichtlich nicht. Offensichtlich wissen Sie nicht einmal, was
man unter einer "formalen Sprache" versteht.
Post by Martin Vaeth
In jedem Fall ist es ein beweisbarer _Satz_, dass R vollstaendig ist.
Das ist falsch. Ohne eine Definition, welche die Vollst?ndigkeit
axiomatisch voraussetzt
Mit "In jedem Fall" meinte ich natuerlich: Fuer jede der
(aequivalenten) ueblichen Definitionen von R; fuer alle diese
(aequivalenten) Definitionen ist die Vollstaendigkeit ein _Satz_.
Dass man irgendwelche anderen Dinge R nennen koennte, die
dann natuerlich alle moeglichen anderen Eigenschaften haben koennen,
versteht sich wohl von selbst. Dass man aber bei einem Satz wie
"R ist ueberabzaehlbar" natuerlich nicht irgendein anderes solches
Ding meint, sondern das uebliche R, sollte ebenfalls klar sein.
Und das uebliche R _ist_ eben vollstaendig - darum ging es nur.
"Mit der Endlichkeit einer jeden Menge [...]
Unter der Annahme, dass man keine unendlichen Mengen hat,
sind alle weiteren Ueberlegungen ueber reelle Zahlen hinfaellig,
weil keine der ueblichen Definitionen fuer R dann einen Sinn ergibt:
Begriffe wie rationaler Schnitt oder Cauchy-Folge sind dann ja
nicht definiert, weil bereits viel einfachere Begriffe wie
"(unendliche) Teilmenge von Q" und "Folge" nicht definiert sind.
Der spaeter verwendete Begriff "reelle Zahl" ist also gar nicht
sinnvoll, wenn man ihn nicht speziell definiert (und egal, wie man
versuchen wuerde, ihn zu definieren: Mit der _ueblichen_ Definition
von R hat das praktisch nichts mehr zu tun).
Aber ehrlich gesagt interessiert mich eine solche Definition auch nicht,
da (wie ja sogar implizit aus dem Text klar wird), die Annahme, dass es
keine unendlichen Mengen gibt, zu einer ziemlich kastrierten Mathematik
fuehrt, die sogar einfache physikalische Beobachtungen nur sehr
behelfsmaessig modellieren kann. Ich habe kein Interesse daran, dieses
Thema weiter zu verfolgen.
Bobo
2008-11-22 19:35:23 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Alle guten Lehrb?cher die ich kenne, gehen ?ber die normale
Konversation weit hinaus und definieren |R mit Hilfe von Axiomen.
[...]
Real numbers form a non-empty totality of elements which contains more
than one element and displays the following properties. Und dann
Das ist der didaktisch zeitsparendste Weg. Der Nachteil ist halt,
dass bei einem solchen axiomatischen Vorgehen keineswegs klar ist,
dass die Axiome erfuellbar sind, also dass R existiert.
[...]. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgef?hrt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome n?tig zu sein.
Eben nicht: Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun.
Das sind alles _Definitionen_.
Wenn man gewisse Konstruktionen in einem gewissen "naiven" Rahmen
handhabt, stimme ich Dir zu (wobei ich hoffe, dass das obige "naiv"
richtig interpretiert wird; vielleicht wäre ein anderes Wort besser).
Andererseits kann man IR auch im Rahmen von ZF definieren, und dann
haben wir wieder eine axiomatische Grundlage.

Wie auch immer, zu IR gehört die Vollständigkeit, ob axiomatisch
vorausgesetzt oder aus "naiven" Konstruktionen abgeleitet. Und deshalb
verstehe ich auch diese Diskussion nicht. Mir scheint es eher so zu
sein, dass, wenn man schon nichts substanziell gegen die
Überabzählbarkeitsbeweise von IR erwidern kann, man gegen gewisse
Charakteristika, die IR ausmachen, opponiert. Und hier zeigt sich bei
den Opponenten ein tiefgreifendes mathematisches Unverständnis.


Bobo
Martin Vaeth
2008-11-22 20:19:59 UTC
Permalink
Post by Bobo
Post by Martin Vaeth
Eben nicht: Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun.
Das sind alles _Definitionen_.
Wenn man gewisse Konstruktionen in einem gewissen "naiven" Rahmen
handhabt, stimme ich Dir zu (wobei ich hoffe, dass das obige "naiv"
richtig interpretiert wird; vielleicht wäre ein anderes Wort besser).
Andererseits kann man IR auch im Rahmen von ZF definieren, und dann
haben wir wieder eine axiomatische Grundlage.
Ja, selbstverstaendlich unterliegt dem Ganzen die Mengenlehre
(ob jetzt axiomatisch oder "naiv", hatte ich eigentlich mit Absicht
_nicht_ festlegen wollen, da es in dem Thread ja um die Definition
von R ging und nicht um die Definition einer Mengenlehre).
Aber auch wenn man eine axiomatische Mengenlehre zugrundelegt, etwa ZF,
ZFC oder GB, ist die Definition von R auf eine der 3 oben genannten Arten
eine Definition und kein Axiom. Dass R vollstaendig ist, waere in diesem
Fall ein Satz, der aus der Definition von R und ein paar Axiomen von ZF
folgt.
Post by Bobo
Wie auch immer, zu IR gehört die Vollständigkeit, ob axiomatisch
vorausgesetzt oder aus "naiven" Konstruktionen abgeleitet. Und deshalb
verstehe ich auch diese Diskussion nicht.
Ack. Eigentlich wollte ich ja auch nur erlaeutern, wie beim Cantorschen
Diagonalargument tatsaechlich die Vollstaendigkeit benutzt wird.
Ich haette nicht erwartet, dass dieser einfache mathematische
Sachverhalt, um den es ja eigentlich ging, fuer solche Verwirrung sorgt:
Man kann eben nicht einfach von R die Vollstaendigkeit "wegnehmen" -
sie ist keine willkuerliche axiomatische Hinzunahme, sondern _folgt_
aus der Definition von R. Sie koennte deswegen hoechstens "verschwinden",
wenn man R durch etwas anderes ersetzt.
Etwas anderes als R ist aber nicht Gegenstand des Cantorschen Satzes.
Post by Bobo
Mir scheint es eher so zu
sein, dass, wenn man schon nichts substanziell gegen die
Überabzählbarkeitsbeweise von IR erwidern kann, man gegen gewisse
Charakteristika, die IR ausmachen, opponiert. Und hier zeigt sich bei
den Opponenten ein tiefgreifendes mathematisches Unverständnis.
Full ACK.
Ralf Bader
2008-11-22 20:23:12 UTC
Permalink
Post by Bobo
Post by Martin Vaeth
Alle guten Lehrb?cher die ich kenne, gehen ?ber die normale
Konversation weit hinaus und definieren |R mit Hilfe von Axiomen.
[...]
Real numbers form a non-empty totality of elements which contains more
than one element and displays the following properties. Und dann
Das ist der didaktisch zeitsparendste Weg. Der Nachteil ist halt,
dass bei einem solchen axiomatischen Vorgehen keineswegs klar ist,
dass die Axiome erfuellbar sind, also dass R existiert.
[...]. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgef?hrt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome n?tig zu sein.
Eben nicht: Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun.
Das sind alles _Definitionen_.
Wenn man gewisse Konstruktionen in einem gewissen "naiven" Rahmen
handhabt, stimme ich Dir zu (wobei ich hoffe, dass das obige "naiv"
richtig interpretiert wird; vielleicht wäre ein anderes Wort besser).
Andererseits kann man IR auch im Rahmen von ZF definieren, und dann
haben wir wieder eine axiomatische Grundlage.
"Definition: Eine reelle Zahl r ist eine nichtleere Teilmenge von Q, so daß
(i) zu jedem a e r ein b e r existiert mit b>a; und
(ii) wenn a e r, b e Q und b<a, dann ist auch b e r."
Was hat das mit Axiomen zu tun? Man könnte (i) und (ii) als Axiome
bezeichnen, weil das halt ein üblicher Gebrauch des Wortes "Axiom" ist
(Klausel in einer Definition). "Grundlegende Aussage innerhalb einer
Theorie" ist ein anderer Gebrauch des Wortes, und bevor man daran
herumdiskutiert, ob irgendwas "auf Axiomen beruht", sollte man sich erst
einmal darüber klarwerden, was man eigentlich unter einem Axiom versteht.
Die inzwischen langjährige Erfahrung zeigt allerdings, daß es vollkommen
ausgeschlossen ist, mit Herrn Professor Mückenheim begriffliche Klarheit
herzustellen. Davon abgesehen, erletnt man den Gebrauch des Wortes "Axiom"
üblicherweise durch Diffusion, und Diskussionen darüber sind müßig.
Post by Bobo
Wie auch immer, zu IR gehört die Vollständigkeit, ob axiomatisch
vorausgesetzt oder aus "naiven" Konstruktionen abgeleitet. Und deshalb
verstehe ich auch diese Diskussion nicht. Mir scheint es eher so zu
sein, dass, wenn man schon nichts substanziell gegen die
Überabzählbarkeitsbeweise von IR erwidern kann, man gegen gewisse
Charakteristika, die IR ausmachen, opponiert. Und hier zeigt sich bei
den Opponenten ein tiefgreifendes mathematisches Unverständnis.
Ein geradezu groteskes Antiverständnis des Mückenheim zeigt sich in der Art,
wie er jenes inzwischen zum Erbrechen wiedergekäute Zitat von Robinson
ausschlachten will. Zum einen handelt es sich bei diesem um eine reine
Meinungsäußerung, die ohne Begründung vollkommen belanglos ist. Zum anderen
kann man nicht wie Mückenheim behaupten, unendliche Mengen seien in sich
widersprüchlich, und andererseits so tun, als sei das gleichgültig. So kann
auch Robinson das nicht gemeint haben (und hat er auch nicht, wie ein Blick
auf seine eigene mathematische Praxis zeigt). Mückenheim kann sich auch
nicht auf irgendwelche "potentiell unendliche" Mengen zurückziehen, denn
auch das ist mit seiner "physical-constraints-Theorie" unvereinbar.

Nachdem alle diese Dinge von Mückenheim nach jahrelanger Diskussion ohne die
geringste Modifikation aufrechterhalten werden, kann hier auch nicht mehr
von Verständnisproblemen in üblichem Rahmen, von Irrtum oder einem nicht
vollständig durchdachten Einfall ausgegangen werden. Was sich hier zeigt,
ist eine höchst befremdliche (und von der von Johnny who can't calculate
sehr verschiedene) Form von mathematical illiteracy.


Ralf
Herbert Newman
2008-11-22 21:15:56 UTC
Permalink
Post by Ralf Bader
Ein geradezu groteskes Antiverständnis des Mückenheim zeigt sich in der Art,
wie er jenes inzwischen zum Erbrechen wiedergekäute Zitat von Robinson
ausschlachten will. Zum einen handelt es sich bei diesem um eine reine
Meinungsäußerung, die ohne Begründung vollkommen belanglos ist.
Man könnte es auch /ein Credo/ nennen. (Und dann ist das auch in Ordnung
so.)
Post by Ralf Bader
Zum anderen kann man nicht wie Mückenheim behaupten, unendliche Mengen
seien in sich widersprüchlich, und andererseits so tun, als sei das
gleichgültig.
Ja. Wichtiger Punkt!

Daher ist es m. E. auch so befremdlich, dass Herr Mückenheim einerseits
dieser Auffassung ist (dass die Annahme unendlicher Mengen zu Widersprüchen
führt) aber andererseits ein Buch veröffentlicht, das Studenten in die
_klassische_ Mathematik (insbesondere auch Analysis) einführt (die selbst-
verständlich die Mengenlehre als Grundlage verwendet).

Herr Mückenheim meint dazu im Vorwort seines Buches:

"Ohne also den Mangel aus unserem Bewusstsein zu verdrängen, können und
dürfen wir ... weiterhin so vorgehen, als gäbe es unendliche Mengen.
Deswegen wird das Problem im folgenden Text gar nicht mehr erwähnt."

Wieso "können und dürfen wir das", wo doch -laut Mückenheim- diese Annahme
zu Widersprüchen führt?! Ich würde sagen, wenn dem so ist, _können und
dürfen wir das NICHT_.

Um hier mal jemanden zu zitieren, der im Gegensatz zu Herrn Mückenheim
weiß, wovon er redet:

"Ein einziger Widerspruch bedroht immer
die ganze Mathematik. Ein Mathematiker
kann gut mit überraschenden und kontraintuitiven
Ergebnissen leben wie etwa der Existenz
irrationaler Zahlen oder der Tatsache,
daß es eine Funktion von IR^2 nach IR gibt, die
keinen Wert zweimal annimmt. Aber nicht
mit R e R und R !e R. Ein einziger Widerspruch
raubt der Mathematik ihren Sinn: „ex
contradictio quodlibet“ nennt man diesen
mathematischen Supergau auch, „alles kann
aus einem Widerspruch abgeleitet werden“."

(Oliver Deiser)
Post by Ralf Bader
So kann auch Robinson das nicht gemeint haben (und hat er auch nicht,
wie ein Blick auf seine eigene mathematische Praxis zeigt).
Brauchen wir hier wirklich nicht weiter auszuführen. Robinson hat damit nur
ausgedrückt, dass er _kein Platonist_ (bzw. mathem. Realist) ist, m. a. W.
nicht an die Existenz von unendlichen Mengen glaubt. (Aber w e r tut das
schon? Ich jedenfalls auch nicht.)
Post by Ralf Bader
[...]
Nachdem alle diese Dinge von Mückenheim nach jahrelanger Diskussion ohne die
geringste Modifikation aufrechterhalten werden, kann hier auch nicht mehr
von Verständnisproblemen in üblichem Rahmen, von Irrtum oder einem nicht
vollständig durchdachten Einfall ausgegangen werden. Was sich hier zeigt,
ist eine höchst befremdliche (und von der von Johnny who can't calculate
sehr verschiedene) Form von mathematical illiteracy.
Ja. Und die _Ursache_ dafür dürfte auch eher einen anderen Fachbereich
angehen...


Herbert
Herbert Newman
2008-11-22 21:34:20 UTC
Permalink
Post by Herbert Newman
Post by Ralf Bader
So kann auch Robinson das nicht gemeint haben (und hat er auch nicht,
wie ein Blick auf seine eigene mathematische Praxis zeigt).
Brauchen wir hier wirklich nicht weiter auszuführen. Robinson hat damit nur
ausgedrückt, dass er _kein Platonist_ (bzw. mathem. Realist) ist, m. a. W.
nicht an die Existenz von unendlichen Mengen glaubt. (Aber w e r tut das
schon? Ich jedenfalls auch nicht.)
Tatsächlich kann ich Herrn Mückenheim darin nur ZUSTIMMEN, wenn er meint
/behauptet, dass es keine unendlichen Mengen gäbe. Ja, ich sehe das auch
so. Ja mehr noch: es gibt ÜBERHAUPT KEINE Mengen, noch irgendwelche mathe-
matischen Objekte. Kurz (mein Credo):

"(I) Mathematical objects do not exist in any sense of the word
(i.e., either really or ideally). More precisely, any mention,
or purported mention, of mathematical objects is lacking a
denotation.

(II) Nevertheless, we should continue the business of
Mathematics 'as usual', i.e., we should act as if mathe-
matical objects really existed."

Und daher ist auch ausgeschlossen, dass mathematische Objekte irgend-
welchen "physical constraints" (a la Mückenheim) unterworfen sind (da sie
ja gar nicht existieren).

Um hier Herrn Mückenheim zu paraphrasieren:

"Da dies aber kein Mangel (oder Problem) darstellt, können und dürfen wir
'zur Erkenntnis der Verschiedenheit der Dinge in der Wirklichkeit' weiter-
hin so vorgehen, als gäbe es unendliche Mengen."


Herbert
Herbert Newman
2008-11-22 20:28:03 UTC
Permalink
Mir scheint es eher so zu sein, dass, wenn man schon nichts
substanziell gegen die Überabzählbarkeitsbeweise von IR er-
widern kann, man gegen gewisse Charakteristika, die IR aus-
machen, opponiert. Und hier zeigt sich bei den Opponenten
ein tiefgreifendes mathematisches Unverständnis.
So ist es.


Herbert
WM
2008-11-22 22:29:58 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Alle guten Lehrb?cher die ich kenne, gehen ?ber die normale
Konversation weit hinaus und definieren |R mit Hilfe von Axiomen.
[...]
Real numbers form a non-empty totality of elements which contains more
than one element and displays the following properties. Und dann
Das ist der didaktisch zeitsparendste Weg. Der Nachteil ist halt,
dass bei einem solchen axiomatischen Vorgehen keineswegs klar ist,
dass die Axiome erfuellbar sind, also dass R existiert.
Was ein Axiom widerspruchsfrei fordert, das existiert in der
Mathematik, nach Hilbert. Definitionen würden dagegen überhaupt keinen
Vorteil bringen. Auch viereckig definierte Kreise existieren nicht.
Post by Martin Vaeth
[...]. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgef?hrt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome n?tig zu sein.
Eben nicht: Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun.
Das sind alles _Definitionen_.
Das ist zwar Unsinn, doch hat es insofern gute Methode, als ich auf
dem Standpunkt stehe, dass Axiome in der Mathematik nicht vonnöten
seien. Bisher fühlte ich mich da ziemlich allein. Nun sehe ich, dass
ich von mehr oder weniger guten Geistern wunderbar umgeben bin.
Post by Martin Vaeth
Und schlie?lich gibt es ein ganz modernes Lehrbuch (vom November 2008,
also noch druckfrisch) dort wird nach der Einf?hrung der rationalen
Zahlen gesagt: "Die reellen Zahlen k?nnen mit Hilfe des Dedekindschen
Schnittaxioms auf den rationalen Zahlen definiert werden."
Es gibt immer wieder einmal Fehler in Lehrbuechern. Dies ist ein solcher.
Das Dedekindsche Schnittaxiom
Sie bezeichnen es nun doch als Axiom?
Post by Martin Vaeth
ist eine Eigenschaft reeller Zahlen -
um es zu formulieren, muss man ja bereits unterstellen, dass
man die Menge R schon gegeben hat.
Das haben Sie nun ganz falsch verstanden. Sind Sie noch im ersten
Semester? Die Menge der rationalen Zahlen ist gegeben. Die
irrationalen Zahlen werden laut Dedekind konstruiert oder
"erschaffen".
Post by Martin Vaeth
Post by Martin Vaeth
beispielsweise als Menge der Dedekind-Schnitte.
Eine solche Definition benutzt ihrem Wesen nach keinerlei Axiome,
Deswegen möchten Sie den Ausdruck Schnittaxiom jetzt abschaffen?
Post by Martin Vaeth
?hem. Die Menge der Dedekind-Schnitte ergibt sich so ganz en passant
ohne das Dedekindsche Schnittaxiom?
Natuerlich. Das Dedkindsche Schnittaxiom (fuer reelle Zahlen) folgt
dann z.B. aus der Definition von R als Menge der rationalen Schnitte.
Die letzte Definition benoetigt eben _kein_ Axiom.
Doch. Sie benötigt eben das Dedekindsche Schnittaxiom, wonach diese
Schnitte existieren. Ohne Axiom wären sie nämlich gar nicht
verpflichtet zu existieren.
Post by Martin Vaeth
Post by Martin Vaeth
nur die formale Sprache der Mengenlehre.
Ich verstehe
Offensichtlich nicht. Offensichtlich wissen Sie nicht einmal, was
man unter einer "formalen Sprache" versteht.
Ich habe formale Sprachen einmal studiert, aber vielleicht habe ich
das ja nicht recht verstanden. Ich glaube jedenfalls immer noch, dass
ZFC + FOPL auf Axiomen basiert. Sie sprechen vermutlich nur noch von
der Zermeloschen Auswahldefinition, der Vereinigungsdefinition, der
Unendlihkeitsdefinition usw?
Post by Martin Vaeth
Post by Martin Vaeth
In jedem Fall ist es ein beweisbarer _Satz_, dass R vollstaendig ist.
Das ist falsch. Ohne eine Definition, welche die Vollständigkeit
axiomatisch voraussetzt
Mit "In jedem Fall" meinte ich natuerlich: Fuer jede der
(aequivalenten) ueblichen Definitionen von R; fuer alle diese
(aequivalenten) Definitionen ist die Vollstaendigkeit ein _Satz_.
Ohne Axiome gibt es keine übliche Definition der reellen Zahlen in der
konventionellen Mathematik. Seien es die ZFC Axiome oder die
"üblichen" Axiome.
Post by Martin Vaeth
Dass man irgendwelche anderen Dinge R nennen koennte, die
dann natuerlich alle moeglichen anderen Eigenschaften haben koennen,
versteht sich wohl von selbst.
Es versteht sich dagegen überhaupt nicht, was man nach Ihrer
verwaschenen Definition unter |R verstehen sollte. Sie haben ja
keinerlei Anhaltspunkte als das, "was die Mathematiker üblicherweise
meinen".
Post by Martin Vaeth
Dass man aber bei einem Satz wie
"R ist ueberabzaehlbar" natuerlich nicht irgendein anderes solches
Ding meint, sondern das uebliche R, sollte ebenfalls klar sein.
Und das uebliche R _ist_ eben vollstaendig - darum ging es nur.
"Mit der Endlichkeit einer jeden Menge [...]
Unter der Annahme, dass man keine unendlichen Mengen hat,
sind alle weiteren Ueberlegungen ueber reelle Zahlen hinfaellig,
Begriffe wie rationaler Schnitt oder Cauchy-Folge sind dann ja
nicht definiert, weil bereits viel einfachere Begriffe wie
"(unendliche) Teilmenge von Q" und "Folge" nicht definiert sind.
Es gibt reelle Zahlen in einer endlichen Umgebung, die keine
Unendlichkeiten zulässt. Das ist ein Faktum, seit Jahrhunderten
unverändert, wenn auch kaum bemerkt - jedenfalls nicht von der großen
Masse. Doch ist dies ein recht komplexes Thema, das jedenfalls weit
jenseits Ihres derzeitigen Horizontes liegen dürfte.

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-23 09:12:28 UTC
Permalink
[...] Sind Sie noch im ersten Semester?
[...] das jedenfalls weit jenseits Ihres derzeitigen
Horizontes liegen dürfte.
Dass Sie offensichtlich nicht einmal den Unterschied zwischen einer
Definition und einem Axiom kennen, obwohl Sie angeblich "formale Sprachen
einmal studiert" haben, ist schon sehr befremdlich.
Dass ein "Hochschullehrer", statt dann an seinem Verstaendnis zu arbeiten,
nachdem er mehrmals auf die Fehler hingewiesen wurde, sich dann einer
solchen unsachlichen "Rhetorik" bedient, ist schon eine Zumutung.
Dass Sie jedoch anscheinend bar jedes Grundverstaendnisses Mathematik
unterrichten duerfen, ist ein Skandal sondergleichen! Ein riesiger
Schaden sowohl fuer die betroffenen Studenten als auch fuer das Ansehen
der Mathematik!

Auf den restlichen Unsinn von Ihnen gehe ich nicht mehr ein - dazu ist
mir meine Zeit zu schade. Lassen Sie sich die Begriffe von einem
Uni-Studenten mittleren Semesters erklaeren, der hoffentlich Vorlesungen
von qualifizierten Professoren hoeren konnte.
WM
2008-11-23 12:54:33 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
[...] Sind Sie noch im ersten Semester?
[...] das jedenfalls weit jenseits Ihres derzeitigen
Horizontes liegen dürfte.
Das halte ich auch so aufrecht. Daher ist es gut, dass Sie unten gar
nicht versuchen, zum Verhältnis von Mathematik und Wirklichkeit
Stellung zu nehmen.
Post by Martin Vaeth
Dass Sie offensichtlich nicht einmal den Unterschied zwischen einer
Definition und einem Axiom kennen, obwohl Sie angeblich "formale Sprachen
einmal studiert" haben, ist schon sehr befremdlich.
Ich habe einen Unterschied genannt:
"Was ein Axiom widerspruchsfrei fordert, das existiert in der
Mathematik, nach Hilbert. Definitionen würden dagegen überhaupt
keinen
Vorteil bringen. Auch viereckig definierte Kreise existieren nicht."

Das vermögen Sie aber nicht als Unterschied zu erkennen? Eigentlich
ist es doch gar nicht so schwer. Axiome und Postulate bei Euklid sind
da schon leichter zu verwechseln.
Post by Martin Vaeth
Dass ein "Hochschullehrer", statt dann an seinem Verstaendnis zu arbeiten,
nachdem er mehrmals auf die Fehler hingewiesen wurde,
Also nun hören Sie doch damit auf. Ihre Äußerungen strotzen doch nur
so von unverstandenen Floskeln. Vom Dedekindschen Schnittaxiom
behaupten Sie, dass es kein Axiom sei und keine reellen Zahlen
erzeugte.

"Weder Cauchy-Folgen noch Dedkind-Schnitte noch
Intervallschachtelungen haben etwas mit Axiomen zu tun."

Die müsse man schon vorher haben. Das ist doch in höchstem Maße
lächerlich!
Post by Martin Vaeth
sich dann einer
solchen unsachlichen "Rhetorik" bedient,
Meine Rhetorik ist bewusst moderat gehalten, gemessen an dem Unsinn,
den Sie da verzapft haben. Sie beleidigen damit ja alle Mathematiker
seit Dedekind:

Richard Dedekind: Stetigkeit und Irrationale Zahlen, Braunschweig
1872, 6. Aufl. Vieweg, Braunschweig 1960, p. 13 Jedesmal nun, wenn ein
Schnitt (A1,A2) vorliegt, welcher nicht durch eine rationale Zahl
hervorgebracht wird, so erschaffen wir eine neue, eine irrationale
Zahl alpha, welche wir durch diesen Schnitt (A1,A2) vollständig
definiert ansehen; wir werden sagen, daß die Zahl alpha diesem Schnitt
entspricht, oder daß sie diesen Schnitt hervorbringt. Es entspricht
also von jetzt ab jedem bestimmten Schnitt eine und nur eine bestimmte
rationale oder irrationale Zahl und wir sehen zwei Zahlen stets und
nur dann als verschieden oder ungleich an, wenn sie wesentlich
verschiedenen Schnitten entsprechen.

Meinen Sie, das sei eine Definition, weil das Wort "definiert" darin
vorkommt?
Post by Martin Vaeth
Dass Sie jedoch anscheinend bar jedes Grundverstaendnisses Mathematik
unterrichten duerfen, ist ein Skandal sondergleichen! Ein riesiger
Schaden sowohl fuer die betroffenen Studenten als auch fuer das Ansehen
der Mathematik!
das ist nichts als Geplapper. Lösen Sie für uns alle doch einfach das
Problem, das von Jutta Gut hier eingebracht und von mir etwas
verschärft wurde: Eine Überdeckung aller rationalen Zahlen in |R
zwischen -oo und oo kann durch eine geometrische Reihe abgeschlossener
Intervalle geschehen. Wie liegen die nicht überdeckten Zahlen in den
aleph_0 Lücken angeordnet?
Post by Martin Vaeth
Auf den restlichen Unsinn von Ihnen gehe ich nicht mehr ein - dazu ist
mir meine Zeit zu schade. Lassen Sie sich die Begriffe von einem
Uni-Studenten mittleren Semesters erklaeren, der hoffentlich Vorlesungen
von qualifizierten Professoren hoeren konnte.
Wischen Sie sich den Schaum vom Mund und zeigen Sie lieber Ihre
mathematischen Fähigkeiten, wenn da etwas zu zeigen ist.

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-23 16:15:38 UTC
Permalink
Post by WM
offenbar von einem Studenten, der nicht einmal weiß, dass Dedekind-
Schnitte auf den rationalen Zahlen definiert sind und u.a. irrationale
Zahlen ergeben
Dass sie mich nun hinter meinem Ruecken nicht nur beleidigen, sondern
sogar bewusst luegen (die oben erwaehnte Definition hatte ich sogar
mehrmals erwaehnt!), um mir uebel nachzureden, weil ich ein paar
fuer Sie unangenehme Tatsachen ausgesprochen habe, nehme ich ihnen
persoenlich uebel.

Halten wir hier bitte fuer die Nachwelt fest, dass sie in dem Teilthread,
auf den Sie sich beziehen, nicht in der Lage waren, die obige Definition
vom Dedekindschen Schnittaxiom (was - wie ich auch mehrfach betont hatte -
im Gegensatz zu der obigen Definition eine Aussage ueber Schnitte auf R
macht) zu unterscheiden.
Dass Sie dort auch nicht in der Lage waren - und diese Unfaehigkeit
mehrfach demonstrierten - die Begriffe "Definition" und "Aussage"/"Axiom"
zu unterscheiden, zeigt fundamentales Unverstaendnis.
(Der Unsinn, den Sie dort diesbezueglich von sich gaben - eine
mathematisch vollkommen irrelevante philosophische Aussage Hilberts
ueber die Bedeutung von Axiomen - spricht fuer sich).
WM
2008-11-24 10:34:03 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Post by WM
offenbar von einem Studenten, der nicht einmal weiß, dass Dedekind-
Schnitte auf den rationalen Zahlen definiert sind und u.a. irrationale
Zahlen ergeben
Dass sie mich nun hinter meinem Ruecken
Hinter Ihrem Rücken? Soso. Haben Sie geheime Botschaften von mir
entschlüsselt? Oder haben befreundete Wesen Ihnen einen Tipp gegeben?
Post by Martin Vaeth
nicht nur beleidigen, sondern
sogar bewusst luegen (die oben erwaehnte Definition hatte ich sogar
mehrmals erwaehnt!),
Ich habe Sie zitiert.

WM: "Die reellen Zahlen können mit Hilfe des Dedekindschen
Schnittaxioms auf den rationalen Zahlen definiert werden."
Darauf Sie: "Es gibt immer wieder einmal Fehler in Lehrbuechern. Dies
ist ein solcher. Das Dedekindsche Schnittaxiom ist eine Eigenschaft
reeller Zahlen - um es zu formulieren, muss man ja bereits
unterstellen, dass man die Menge R schon gegeben hat."

Gewiss ist Ihnen gar nicht klar, wie eine solche Äußerung auf
Mathematiker wirkt. Das will ich Ihnen zugute halten. Aber wenn Sie
hier von Lügen reden, dann beweisen Sie Ihre Behauptung bitte oder Sie
machen sich einer Verleumdung schuldig. Das sollten sogar Sie wissen.

WM: "Ein aus anderen Sätzen abgeleiteter Satz ist die Vollständigkeit
im üblichen Aufbau von |R nicht." Ihre unqualifizierte Äußerung "Doch,
selbstverstaendlich ist er das.", zeigt deutlich, dass Sie bisher
wenig Erfahrung haben. Alle Mathematik-Vorlesungen an deutschen
Hochschulen, die ich kenne, benutzen diesen Weg. Keine geht von ZFC
aus.
Post by Martin Vaeth
um mir uebel nachzureden, weil ich ein paar
fuer Sie unangenehme Tatsachen ausgesprochen habe, nehme ich ihnen
persoenlich uebel.
Sie haben keine Tatsachen ausgesprochen, sondern unqualifizierte
Behauptungen aufgestellt. Das darf mir im Prinzip gleichgültig sein.
Aber arglose Mitleser könnten glauben, dass Sie tatsächlich etwas zum
Thema zu sagen hätten.
Post by Martin Vaeth
(Der Unsinn, den Sie dort diesbezueglich von sich gaben - eine
mathematisch vollkommen irrelevante philosophische Aussage Hilberts
ueber die Bedeutung von Axiomen - spricht fuer sich).
Sie sind sicher der letzte, der eine Berechtigung hätte, Hilberts
Äußerungen zu werten.

Dass Sie mein Angebot, die Leser dieses Threads über eine Lösung des
Maßproblems von Courant, Robbins aufzuklären, nicht akzeptieren, ist
natürlich nicht verwunderlich. Ich gebe zu, es war etwas unfair von
mir, mathematische Beiträge von Ihnen zu erwarten.

Gruß, WM
Martin Vaeth
2008-11-24 14:10:55 UTC
Permalink
Post by WM
Ich habe Sie zitiert.
Wenn Sie das hätten (wie Sie es nun tun), anstatt mir die Unkenntnis
einer Konstruktion zu unterstellen, die ich gerade vorher mehrfach
erwähnte hatte - wie kann man das anders nennen, als eine bewusste Luege? -
hätte ich nichts gesagt.
Post by WM
WM: "Die reellen Zahlen können mit Hilfe des Dedekindschen
Schnittaxioms auf den rationalen Zahlen definiert werden."
Darauf Sie: "Es gibt immer wieder einmal Fehler in Lehrbuechern. Dies
ist ein solcher. Das Dedekindsche Schnittaxiom ist eine Eigenschaft
reeller Zahlen - um es zu formulieren, muss man ja bereits
unterstellen, dass man die Menge R schon gegeben hat."
Sie bestätigen mit diesem Zitat genau das, was ich vorher schrieb:
Sie verwechseln das Dedekindsche Schnittaxiom (das - um das nochmals zu
betonen - eine _Aussage_ über Schnitte von _R_ ist) mit der Dedekindschen
_Definition_ von R ueber Schnitte von _Q_ - zwei sowohl formal als auch
inhaltlich vollkommen verschiedene Sachverhalte.
Post by WM
Gewiss ist Ihnen gar nicht klar, wie eine solche Äußerung auf
Mathematiker wirkt.
Doch, das ist mir sehr wohl klar. Schließlich sind Sie nicht der erste
Autor, bei dem ich einen Fehler in einem Buch gefunden habe. Der obige
wäre ja sogar leicht durch eine korrekte Formulierung des Satzes zu
beheben. Tatsächlich gibt es kaum ein Buch, in dem kein (zumindest kleiner)
Fehler passiert.
Ich nehme da meine eigenen Bücher auch keineswegs aus: Auch in diesen
wurden schon Fehler entdeckt. Das ist für einen selbst sehr ärgerlich,
aber man muss halt akzeptieren, dass Fehler passieren. Ein seriöser Autor
korrigiert den Fehler dann halt (z.B. über Errata, falls technisch möglich).
Sie sind allerdings der erste Fall, den ich erlebt habe, der gegenüber
dem Überbringer der schlechten Nachricht unverschämt wurde.
Allerdings sind Sie auch der erste Fall, den ich erlebt habe, der nicht
einmal in der Lage ist, den Fehler zu verstehen (oder einfach nur: ihn
zuzugeben?), nachdem er ihm mehrmals erklärt wurde.

Wie dem auch sei: Nach Ihren Unverschämtheiten halte ich die Diskussion
mit Ihnen für beendet.
Post by WM
Dass Sie mein Angebot, die Leser dieses Threads über eine Lösung des
Maßproblems von Courant, Robbins aufzuklären
Dass Sie die Konstruktion eines Inhalts auf dem von den Intervallen
erzeugten Ring und die klassische Anwendung des Satzes von Heine-Borel zum
Beweis von dessen sigma-Subadditivität (wie ich irgendwo las, übrigens
sogar historisch der Grund für die erste Formulierung des Satzes von
Heine-Borel - das habe ich aber nicht überprüft), was alles seit ca.
90-100 Jahren bekannt ist, in Dutzenden von Vorlesungen und Lehrbüchern
über Analysis und Maß-, Integrations-, oder Wahrscheinlichkeitstheorie
vorgeführt und im Parallelthread wohl gerade erst wieder mit etlichen
Details wiederholt wurde, für eine mathematische Herausforderung halten -
nun, darüber möge sich jeder selbst seine Meinung bilden.

Ich will mich jetzt jedenfalls wieder ernsthaften mathematischen
Problemen zuwenden und meine Zeit nicht mehr mit Ihnen verschwenden.
WM
2008-11-24 15:19:57 UTC
Permalink
Post by Martin Vaeth
Sie verwechseln das Dedekindsche Schnittaxiom (das - um das nochmals zu
betonen - eine _Aussage_ über Schnitte von _R_ ist)
Das können Sie so oft betonen, wie sie mögen. Es wird damit nicht
richtiger. Dedekind macht keine Schnitte in R sondern Schnitte in Q. R
entsteht daraus. Wenn man R hat, braucht man keine Schnitte mehr. Und
wenn man R noch nicht hat, benötigt man ein Axiom - jedenfalls in den
üblichen Einführungen, von denen ja ausführlich die Rede war. Ich
möchte wirklich einmal wissen, wo Sie diesen Unsinn gelernt haben
wollen.
Post by Martin Vaeth
mit der Dedekindschen
_Definition_ von R ueber Schnitte von _Q_ - zwei sowohl formal als auch
inhaltlich vollkommen verschiedene Sachverhalte.
Es gibt von Dedekind _ein_ Zitat: "Jedesmal nun, wenn ein
Schnitt (A1,A2) vorliegt, welcher nicht durch eine rationale Zahl
hervorgebracht wird, so erschaffen wir eine neue, eine irrationale
Zahl alpha, welche wir durch diesen Schnitt (A1,A2) vollständig
definiert ansehen; wir werden sagen, daß die Zahl alpha diesem
Schnitt
entspricht, oder daß sie diesen Schnitt hervorbringt. Es entspricht
also von jetzt ab jedem bestimmten Schnitt eine und nur eine
bestimmte
rationale oder irrationale Zahl und wir sehen zwei Zahlen stets und
nur dann als verschieden oder ungleich an, wenn sie wesentlich
verschiedenen Schnitten entsprechen. (Richard Dedekind: Stetigkeit und
Irrationale Zahlen, Braunschweig 1872, 6. Aufl. Vieweg, Braunschweig
1960, p. 13 )

Diese Idee wird in den üblichen Vorlesungen zum Aufbau der reellen
Zahlen als *das Dedekindsche Schnittaxiom* verwendet. Es ist eine
Aussage über Schnitte in Q, die axiomatisch die reellen Zahlen
einzuführen gestattet.
Post by Martin Vaeth
aber man muss halt akzeptieren, dass Fehler passieren. Ein seriöser Autor
korrigiert den Fehler dann halt
Selbstverständlich, aber nicht wenn es keine sind.
Post by Martin Vaeth
Post by WM
Dass Sie mein Angebot, die Leser dieses Threads über eine Lösung des
Maßproblems von Courant, Robbins aufzuklären
Dass Sie die Konstruktion eines Inhalts auf dem von den Intervallen
erzeugten Ring und die klassische Anwendung des Satzes von Heine-Borel zum
Beweis von dessen sigma-Subadditivität (wie ich irgendwo las, übrigens
sogar historisch der Grund für die erste Formulierung des Satzes von
Heine-Borel - das habe ich aber nicht überprüft), was alles seit ca.
90-100 Jahren bekannt ist, in Dutzenden von Vorlesungen und Lehrbüchern
über Analysis und Maß-, Integrations-, oder Wahrscheinlichkeitstheorie
vorgeführt
... und deshalb natürlich unbedingt unangreifbar ist, hinterfragen,
ist ein Skandal. Ja, ich weiß, aber das ist mir gleichgültig, denn
diese Konstruktion ist falsch. Sie führt auf die Gleichung 0 = oo.
(Disclaimer: Das ist natürlich kein Widerspruch der transfiniten
Mengenlehre, denn Widersprüche gibt es nicht in der transfiniten
Mengenlehre.)

Gruß, WM

Markus Sigg
2008-11-22 20:40:34 UTC
Permalink
Post by WM
Aber auch das Lexikon der Mathematik (von Spektrum) scheint die
axiomatische Methode der rein konversiven vorzuziehen. Unter dem
Stichwort reellen Zahlen findet man dort: reelle Zahlen, Ergebnis der
Erweiterung des archimedischen Körpers Q der rationalen Zahlen zu
einem vollständigen archimedischen Körper R. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgeführt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome nötig zu sein.
Zitieren Sie doch bitte weiter:

"... Jeweils muß man die Körperoperationen und die Ordnung
geeignet definieren. ...

Schließlich kann man IR axiomatisch als vollständigen
archimedischen Körper einführen. Dann sind die Körperoperationen
und die Ordnung schon als Teil der Definition gegeben."

Und ich kann Ihnen aus erster Hand versichern, daß der Autor
des Textes keine der genannten Möglichkeiten der Einführung
von IR bevorzugt. Mir ist schleierhaft, wie Sie darauf kommen.
Es liegt vielleicht an Ihrer Lesebrille, die automatisch
alles in das Mückenheimsche Denksystem transformiert und dabei,
wenn's der Mückenheim-Logik dient, frei Dinge dazuerfindet oder
Aussagen auch schnell mal in ihr Gegenteil verdreht.

Gruß,
Markus Sigg
WM
2008-11-22 22:34:20 UTC
Permalink
Post by Markus Sigg
Post by WM
Aber auch das Lexikon der Mathematik (von Spektrum) scheint die
axiomatische Methode der rein konversiven vorzuziehen. Unter dem
Stichwort reellen Zahlen findet man dort: reelle Zahlen, Ergebnis der
Erweiterung des archimedischen Körpers Q der rationalen Zahlen zu
einem vollständigen archimedischen Körper R. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgeführt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome nötig zu sein.
"... Jeweils muß man die Körperoperationen und die Ordnung
geeignet definieren. ...
Ja, und? Axiome der Anordnung, Axiome der Abgeschlossenheit, der
Kommutativität, Assoziativität,... Wie lang möchten Sie das Zitat
denn?
Post by Markus Sigg
Schließlich kann man IR axiomatisch als vollständigen
archimedischen Körper einführen. Dann sind die Körperoperationen
und die Ordnung schon als Teil der Definition gegeben."
Und ich kann Ihnen aus erster Hand versichern, daß der Autor
des Textes keine der genannten Möglichkeiten der Einführung
von IR bevorzugt.
Weshalb sollte er? Auch ein archimedischer Körper basiert auf Axiomen.
Oder meinen Sie, es existiere eine von Archimedes persönlich tradierte
Überlieferung?

Gruß, WM
Markus Sigg
2008-11-23 09:11:53 UTC
Permalink
Post by WM
Post by Markus Sigg
Post by WM
Aber auch das Lexikon der Mathematik (von Spektrum) scheint die
axiomatische Methode der rein konversiven vorzuziehen. Unter dem
Stichwort reellen Zahlen findet man dort: reelle Zahlen, Ergebnis der
Erweiterung des archimedischen Körpers Q der rationalen Zahlen zu
einem vollständigen archimedischen Körper R. Dieser Erweiterung kann
etwa mit Hilfe von Cauchy-Folgen, von Dedekind-Schnitten oder von
Intervallschachtelungen durchgeführt werden.
Es scheint also eines der von mir genannten Axiome nötig zu sein.
"... Jeweils muß man die Körperoperationen und die Ordnung
geeignet definieren. ...
Ja, und? Axiome der Anordnung, Axiome der Abgeschlossenheit, der
Kommutativität, Assoziativität,... Wie lang möchten Sie das Zitat
denn?
So weit, daß man sieht, daß der Artikel einen Unterschied
macht zwischen den Zugängen, die IR aus gegebenen Mengen
heraus durch Mengenoperationen und Äquivalenzklassenbildungen
aufbauen, und dem Zugang, der IR fixfertig rein mittels Axiomen
einführt.

Sie haben offensichtlich den von Ihnen zitierten Artikel
überhaupt nicht verstanden. Dann sollten Sie auch nicht
versuchen, ihn für Ihre Argumentation einzuspannen.
Post by WM
Post by Markus Sigg
Schließlich kann man IR axiomatisch als vollständigen
archimedischen Körper einführen. Dann sind die Körperoperationen
und die Ordnung schon als Teil der Definition gegeben."
Und ich kann Ihnen aus erster Hand versichern, daß der Autor
des Textes keine der genannten Möglichkeiten der Einführung
von IR bevorzugt.
Weshalb sollte er? Auch ein archimedischer Körper basiert auf Axiomen.
Sie schreiben "... scheint ... vorzuziehen". Ja was meinen
Sie denn damit? Sie haben die Sache auch nach den Erläuterungen
von Martin Vaeth und anderen noch immer nicht begriffen.

Wenn man sagt, eine gegebene (etwa durch Intervallschachtelungen
in IQ definierte) Menge sei ein archimedischer Körper, dann sagt
man damit, daß sie die Eigenschaften eines archimedischen
Körper hat, nicht daß man diese Eigenschaften per Axiom fordere.
Wie die Ausgangsmengen zustandegekommen sind, steht dabei nicht
zur Debatte. Natürlich können dabei auch Axiome im Spiel gewesen
sein, aber z.B. nicht notwendigerweise Vollständigkeit. Die
bekommt man als beweisbare Eigenschaft von IR heraus.

Aber was rede ich hier? Ich habe doch vor Jahren erkannt,
daß Diskussion mit Ihnen Zeitverschwendung ist, und ich sehe
immer wieder, daß Sie seither in Ihrem Verständnis *kein Stück*
weitergekommen sind. Also machen Sie die nächsten Jahre mal ruhig
so weiter, wenn Sie nichts besseres zu tun haben.
Post by WM
Oder meinen Sie, es existiere eine von Archimedes persönlich tradierte
Überlieferung?
Haha!

Gruß,
Markus Sigg
WM
2008-11-23 12:22:11 UTC
Permalink
Post by Markus Sigg
Sie haben offensichtlich den von Ihnen zitierten Artikel
überhaupt nicht verstanden. Dann sollten Sie auch nicht
versuchen, ihn für Ihre Argumentation einzuspannen.
Post by WM
Post by Markus Sigg
Schließlich kann man IR axiomatisch als vollständigen
archimedischen Körper einführen. Dann sind die Körperoperationen
und die Ordnung schon als Teil der Definition gegeben."
Und ich kann Ihnen aus erster Hand versichern, daß der Autor
des Textes keine der genannten Möglichkeiten der Einführung
von IR bevorzugt.
Weshalb sollte er? Auch ein archimedischer Körper basiert auf Axiomen.
Sie schreiben "... scheint ... vorzuziehen". Ja was meinen
Sie denn damit?
Offensichtlich haben Sie also nicht verstanden, was ich meine. In
solchen Fällen pflegen Cranks dann so zu reagieren, wie Sie ganz oben
in diesem Beitrag.
Post by Markus Sigg
Sie haben die Sache auch nach den Erläuterungen
von Martin Vaeth und anderen noch immer nicht begriffen.
Ich habe begriffen, dass meine richtige Aussage
Post by Markus Sigg
[...] Ein aus anderen Sätzen abgeleiteter
Satz ist die Vollständigkeit im üblichen Aufbau von |R nicht.
offenbar von einem Studenten, der nicht einmal weiß, dass Dedekind-
Schnitte auf den rationalen Zahlen definiert sind und u.a. irrationale
Zahlen ergeben, mit der falschen Aussage

"Doch, selbstverstaendlich ist er das."

beantwortet wurde.
Post by Markus Sigg
Aber was rede ich hier?
Ja, auch das scheinen Sie nicht immer genau zu wissen. Brechen wir die
Diskussion deshalb besser ab.

Gruß, WM
Peter Niessen
2008-11-23 01:32:02 UTC
Permalink
Post by WM
Unbewiesene Sätze bezeichnet man oftmals als Axiome
Unfug!
--
Mit freundlichen Grüssen:
Peter Niessen
Peter Niessen
2008-11-23 01:30:11 UTC
Permalink
Post by Helmut Büch
Post by Wolfgang Kirschenhofer
Dieser Beweis geht auf Cantor zurück und verwendet kein
Diagonalargument. Man braucht aber natürlich die Vollständigkeit von R.
Jeder korrekte Beweis für die Überabzählbarkeit von R muß explizit oder
implizit die Vollständigkeit von R benützen.
Dies ist eine ungemein wichtige Feststellung.
Was bedeutet es dann aber logisch, wenn Cantor in seinem 2.
Diagonalargument die Vollständigkeit von R voraussetzt
Das macht er nicht!
Aus dem Diagonalgedöns folgt keinesfalls eine Vollständigkeit von R.
Was soll das denn überhaupt sein?
Das Diagonalargument zeigt nur das eine bijektive Funktion
F: Q <-> R nicht möglich ist. Was ist daran so irritierend?
Und nochmal zum MITMEISSELN:
Es gibt kein Erstes Cantorsches Diagonalargument und somit auch kein
Zweites. Es gibt nur das Cantorsche Diagonalargument!
Das Diagonalargument zur Abzählbarkeit von Q stammt von Chauchy!
--
Mit freundlichen Grüssen:
Peter Niessen
Jan Fricke
2008-11-21 11:51:03 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Hallo!
Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird, mache ich mal einen
neuen auf. Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.
Es gibt noch einen Satz von Cantor, der besagt:

Alle unberandeten dichten abzählbaren angeordneten Mengen sind
untereinander ähnlich. (Kamke, "Mengenlehre", §26 Satz 3)

Unberandet: weder Minimum noch Maximum.
Dicht: zwischen je zwei Elementen gibt es ein weiteres.
Ähnlich: es gibt eine ordnungserhaltende Bijektion.

Angenommen, die reellen Zahlen sind abzählbar, dann sind sie zu den
rationalen Zahlen ähnlich. Jedoch gibt es bei den rationalen Zahlen
Lücken, bei den reellen nicht (Vollständigkeit!).

Zerlegung (A,B): AuB=X und A,B disjunkt und a€A, b€B ==> a<b.
Sprung: Zerlegung, für die A ein Maximum und B ein Minimum hat.
Lücke: Zerlegung, für die weder A ein Maximum noch B Minimum hat.
Schnitt: sonst.


Viele Grüße Jan
Bobo
2008-11-21 12:03:52 UTC
Permalink
Post by Jan Fricke
Alle unberandeten dichten abzählbaren angeordneten Mengen sind
untereinander ähnlich. (Kamke, "Mengenlehre", §26 Satz 3)
Unberandet: weder Minimum noch Maximum.
Dicht: zwischen je zwei Elementen gibt es ein weiteres.
Ähnlich: es gibt eine ordnungserhaltende Bijektion.
Angenommen, die reellen Zahlen sind abzählbar, dann sind sie zu den
rationalen Zahlen ähnlich. Jedoch gibt es bei den rationalen Zahlen
Lücken, bei den reellen nicht (Vollständigkeit!).
Auf so einen Beweis habe ich in <gfu3dp$v28$02$***@news.t-online.com>
schon hingewiesen. Statt "unberandet" habe ich das Wort "unbeschränkt"
benutzt; statt "ähnlich" das Wort "isomorph". Eine Lücke ist ein
Dedekindscher Schnitt ohne Schnittzahl.


Bobo
Jan Fricke
2008-11-21 14:24:46 UTC
Permalink
Post by Bobo
schon hingewiesen.
Ja, aber in einem WM-Thread und ohne reply-fähige Adresse. Kein Wunder,
dass ich das nicht gelesen hatte.


Viele Grüße Jan

P.S.: Ich hätte auch gern darauf verzichtet, das öffentlich zu äußern,
Du lässt mir aber (siehe oben) keine andere Wahl.
Martin Vaeth
2008-11-21 12:18:17 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.
Ich kenne derer i.W. zwei:

1. Der maßtheoretische, der aber wohl schon erwähnt wurde, wie mir ein
Durchblättern des Mammut-Threads zeigt. Der hat halt den Nachteil,
dass er die Wohldefiniertheit eines Inhalts und Heine-Borel für
kompakte Intervalle benötigt. Um das erste kann man sich vielleicht mit
geschickter Argumentation einigermaßen drücken, um Heine-Borel
(zumindest wesentliche Fragmente davon) wohl nicht.
Natürlich basiert Heine-Borel auf der Vollständigkeit von R.
Daher erscheint mir natürlicher:

2. Bairescher Kategoriensatz (R kann nicht Vereinigung abzählbar vieler
einpunktiger [also nirgends dichter] Mengen sein). Da geht die
Vollständigkeit direkter ein.

Natürlich laufen sowohl alle Beweise von Heine-Borel als auch die des
Baireschen Kategoriensatzes letztlich auf ähnliche Argumente hinaus,
eben auf die Ausnutzung der Vollständigkeit oder Ordnungsvollständigkeit.
Post by Jutta Gut
Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge und
ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?
Ich würde das als eine reine Umformulierung des selben Arguments
in leicht anderer Terminologie bezeichnen.
fiesh
2008-11-21 13:47:27 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von N
auffassen. Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge und
ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?
In der heutigen mathematischen Logik bezeichnet man das Argument von |X|
< |P(X)|, also das betrachten der Menge { x in X | x nicht in g(x) },
wobei g: X -> P(X), als "Diagonalisierung" oder "Diagonalargument".
(Diese Diagonalisierung kommt ja weitaus haeufiger vor als nur in diesem
Beweis.)

Anschauliche Argumente wie das "Hinschreiben" einer Folge von reellen
Zahlen und das Betrachten derer Diagonale sind heute nicht mehr
zeitgemaess, und das oben genannte Argument ist ja exakt diese Idee, nur
eben besser aufgeschrieben.
--
fiesh
WM
2008-11-21 13:57:50 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Hallo!
Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird, mache ich mal einen
neuen auf. Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.
Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von N
auffassen. Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge und
ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?
Den Ausdruck Potenzmenge hat Cantor vermutlich noch nicht gekannt,
jedenfalls findet er sich nicht in seinen Werken und nicht in seiner
Korrespondenz, soweit mir diese bekannt ist. Der Diagonalbeweis von
1891 wird aber oft als Verkleidung dieses Beweises von Hessenberg
angesehen. Der erste Beweis von Cantor (1873) sowie seine Nachfolger
bis zum Beweis von Hessenberg sind dargestellt und analysiert in
http://arxiv.org/pdf/math.GM/0306200
eine finite Analyse des Beweises von Hessenberg findet sich in
http://arxiv.org/pdf/math.GM/0505648

Gruß, WM
Joachim Mohr
2008-11-21 15:00:45 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Hallo!
Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird.
Den habe ich nicht verfolgt. Trotzdem scheint mir Deine Frage
unmittelbar beantwortbar zu sein.
Post by Jutta Gut
Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von
N auffassen.
Ja, daraus folgt: die Mächtigkeit von R ist gleich
der Mächtigkeit von 2^N
(2^N= alle Abbildungen von den natürlichen zahlen in {0;1}.

Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer
Post by Jutta Gut
Menge und ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R.
Er ist eine Verallgemeinerung von N auf beliebige Mengen.

Das siehst Du, wenn Du den klassischen Beweis dafür, dass es
keine Bijektion zwischen einer Menge und ihrer Potenzmenge gibt (1),
umformulierst in den Satz, dass es keine Bijektion
von X auf 2^X gibt(2).

Zu (1): Annahme: es gibt eine Bijektion g von X in P(X).
Betrachte die Teilmenge M = {x| x nicht El. von g(x)}.

Es gibt es ein x0 so dass M=g(x0). Dann gilt:
x0 El M <=> x0 nicht El. M Widerspruch!

zu (2); Annahme: es gibt Bijektion g: x->g_x von X auf 2^X.
g_x ("g Index x") ist also eine Funktion von X in {0;1}.
(Es wird übersichtlicher, wenn man den Funktionswert als Index schreibt.)

Betrachte die Funktion f von X auf {0;1} definiert durch
f(x)=1 falls g_x(x) = 0 und f(x)=0 falls g_x(x) = 1.
Es gibt es ein x0 so, dass f=g_x0: Dann gilt:
f(x0) = g_x0(x0) = 1 <=> f(x0)=g_x0(x0) = 0. Widerspruch!

Wenn Du nun den Spezialfall N ( die natürlichen zahlen) für X nimmst,
so hast Du eigentlich das Cantorsche Diagonalverfahren, angewandt
auf die Binärdarstellung.

MFG Joachim
--
Joachim Mohr Tübingen
http://www.joachimmohr.de/neu.html
WM
2008-11-21 15:34:55 UTC
Permalink
Post by Joachim Mohr
Wenn Du nun den Spezialfall N ( die natürlichen zahlen) für X nimmst,
so hast Du eigentlich das Cantorsche Diagonalverfahren, angewandt
auf die Binärdarstellung.
Für Anfänger kann man das anschaulich so darstellen:

N = 1 2 3 4 5 6 7 8 ...

1) 0, 1 0 1 0 1 0 1 0 ...
2) 0, 1 1 1 0 0 0 1 0 ...
3) 0, 0 1 1 0 0 1 1 0 ...
...

Die reellen Binärdarstellungen bilden eine Liste. Abbildung erfolgt
auf Untermengen von N,
[0, 1] --> P(N). Jede 1 in der m-ten Reihe unter der natürlichen Zahl
n zeigt an, dass die Zahl n in der m-ten Untermenge enthalten ist. Die
Antidiagonalzahl bildet ebenfalls auf eine Untermengen von N ab, die
aber offensichtlich nicht in den Bildern der Liste enthalten ist. Der
Vorteil gegenüber der Verwendung von reellen Zahlen selbst ist, dass
für Untermengen von N das "Neunerproblem" entfällt, also z.B.
0,0111... nicht mit 0,1000... identisch ist.

Gruß, WM
Jutta Gut
2008-11-21 16:09:47 UTC
Permalink
Post by Joachim Mohr
zu (2); Annahme: es gibt Bijektion g: x->g_x von X auf 2^X.
g_x ("g Index x") ist also eine Funktion von X in {0;1}.
(Es wird übersichtlicher, wenn man den Funktionswert als Index schreibt.)
Betrachte die Funktion f von X auf {0;1} definiert durch
f(x)=1 falls g_x(x) = 0 und f(x)=0 falls g_x(x) = 1.
f(x0) = g_x0(x0) = 1 <=> f(x0)=g_x0(x0) = 0. Widerspruch!
Jetzt ist der Groschen gefallen :-)

Danke
Jutta
Joachim Mohr
2008-11-21 20:26:46 UTC
Permalink
Danke
gern geschehen!

Mit einem besonderen Gruß aus Tübingen
Joachim
--
Joachim Mohr Tübingen
http://www.joachimmohr.de/neu.html
Hans Crauel
2008-11-22 01:44:33 UTC
Permalink
Ich denke noch immer über Beweise [der Überabzählbarkeit
der reellen Zahlen] nach, die nicht das Diagonalargument
benutzen.
In "Analysis I" von Bernd Aulbach (Augsburg 2001) findet sich
(dort als Satz 1.6.6, Seite 67) die nachfolgend wiedergegebene
Argumentation, welches die Ordnung sowie die `Supremumseigenschaft'
der reellen Zahlen benutzt (welche besagt: jede nichtleere,
nach oben beschränkte Teilmenge hat ein Supremum; diese
Eigenschaft wird teils auch als `Ordnungsvollständigkeit'
bezeichnet). Die Argumentation ist erstsemestertauglich. Sie
geht so:

Wären die reellen Zahlen abzählbar, so zähle sie ab, also
schreibe die reellen Zahlen als {x_1,x_2, ... }.

Wähle a_1 und d_1 derart, dass x_1 nicht Element des
Intervalls I_1 = [a_1,d_1] ist.
Teile das Intervall I_1 auf in drei Intervalle
I_1 = [a_1,b_1] vereinigt [b_1,c_1] vereinigt [c_1,d_1]
mit b_1 und c_1 so, dass a_1 < b_1 < c_1 < d_1.

Mindestens eines dieser drei Intervalle enthält x_2
nicht als Element; wähle ein solches Intervall und nenne
es I_2 = [a_2,d_2].
Teile dieses wieder in drei Intervalle, wähle eines,
welches x_3 nicht enthält, und nenne dieses
I_3 = [a_3,d_3].
Fahre so fort. Das gibt für jede natürliche Zahl k ein
Intervall I_k, welches x_k nicht enthält. Jedes der
Intervalle I_k enthält zudem alle folgenden.
Insbesondere ist jedes rechte Intervallende stets eine
obere Schranke für alle linken Intervallenden (auch die
vorherigen).

Nun nimm das Supremum aller linken Intervallenden und
nenne es s.
[Dies ist zugleich der Grenzwert, weil die linken
Intervallenden eine aufsteigende Folge bilden, doch
dies wird hier gar nicht benötigt.]
Anmerkung: Hier wird die Supremumseigenschaft verwendet.

Behauptung: s ist Element von I_k für alle k.
In der Tat, wäre dies nicht der Fall, wäre also s nicht
Element von I_k = [a_k,d_k] für ein k, so wäre entweder
s < a_k oder d_k < s. Doch s < a_k geht nicht, weil s
Supremum über alle k ist. Und d_k < s geht auch nicht,
weil jedes d_k obere Schranke für alle linken
Intervallenden ist, also kann s als kleinste obere
Schranke nicht größer als d_k sein.
Somit folgt: s ist Element von I_k für jedes k.

Doch nun gilt für jedes k: x_k ist nicht Element von I_k,
was zur Folge hat, dass s mit keinem x_k übereinstimmen
kann.

Somit ist s eine reelle Zahl, die nicht Element der Menge
{x_1,x_2, ... } ist. Dies widerspricht der Annahme, dass
die reellen Zahlen abzählbar sind.

Hans Crauel
Martin Vaeth
2008-11-22 10:10:56 UTC
Permalink
Post by Hans Crauel
In "Analysis I" von Bernd Aulbach (Augsburg 2001) findet sich
(dort als Satz 1.6.6, Seite 67) die nachfolgend wiedergegebene
Argumentation, welches die Ordnung sowie die `Supremumseigenschaft'
der reellen Zahlen benutzt
Schoen, dass das jemand mal explizit aufgeschrieben hat...
Das ist sozusagen die bislang nicht ausgefuehrte vierte Variante
der Kombinationen:
(Inhalt + ) Heine-Borel mit Folgenvollstaendigkeit
(Inhalt + ) Heine-Borel mit Ordnungsvollstaendigkeit
Baire mit Folgenvollstaendigkeit
Baire mit Ordnungsvollstaendigkeit
Also genauer: Wenn man den Satz von Baire ueber die Ordnungsvollstaendigkeit
von R zeigt (statt wie in den meisten Buechern ueber die metrische
Vollstaendigkeit) und den Beweis fuer einpunktige (statt allgemeine
nirgends dichte Mengen) spezialisiert, landet man wohl i.W. bei diesem
Beweis oder Varianten davon...
Peter Niessen
2008-11-23 01:07:35 UTC
Permalink
Post by Jutta Gut
Hallo!
Weil der Cantor-Thread langsam unübersichtlich wird, mache ich mal einen
neuen auf. Ich denke noch immer über Beweise nach, die nicht das
Diagonalargument benutzen.
Man kann ja eine reelle Zahl in Binärdarstellung auch als Teilmenge von N
auffassen. Ist der Beweis, dass es keine Bijektion zwischen einer Menge und
ihrer Potenzmenge gibt, eigentlich ein anderer Beweis für die
Überabzählbarkeit von R oder nur das Diagonalargument in Verkleidung?
Am besten so:
Zeige:
Sei m eine völlig beliebige Menge dann ist existiert keine surjektive
Funktion
F: m -> P(m)
mit P(m) als Potenzmenge von m
Nun zeigen wir im zweitem Schritt:
Es gibt mindestens eine injektive Funktion der Potenzmenge von N auf R.
Also es gibt F: P(N) -> R und F ist injektiv.
Damit ist dann alles bewiesen. Wie "gross" R dann ist, wird dadurch nicht
geklärt aber zumindest ist R nicht abzählbar.
--
Mit freundlichen Grüssen:
Peter Niessen
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